Fotografie & Meinungsänderung: Hänge dich nicht an alten Ideen auf

 

Fotografen haben eine Meinung zu so ziemlich allem. Die beste Kamera, das beste Genre, die richtigen Einstellungen, die korrekte Art und Weise der Bildbearbeitung.

Über die Zeit habe ich aber vor allem eine Sache gelernt: Dass du als Fotograf auf jeden Fall auch deine Meinung ändern kannst und solltest.

 

Was meine ich mit Meinungsänderung in der Fotografie?

Eine der wichtigsten Lektionen, die ich gelernt habe, ist, dass es okay ist, seine Meinung zu ändern. Du musst nicht für immer an einer Idee, einer Technik oder einer Ausrüstung festhalten, nur weil du sie einmal für die beste gehalten hast.

Ich selbst habe lange Zeit nur Canon-Kameras genutzt - bis meine Kamera kaputtging. Plötzlich stand ich vor der Entscheidung: Bleibe ich bei Canon oder probiere ich etwas Neues aus?

Damals war der Wechsel von Spiegelreflex- zu spiegellosen Kameras im vollen Gange, und Sony bot ein deutlich besseres Preis-Leistungs-Verhältnis. Also wagte ich den Schritt und wechselte zu Sony.

Heute bin ich immer noch zufrieden mit der Entscheidung, aber das heißt nicht, dass ich für immer bei Sony bleiben werde.

Wenn morgen eine andere Marke bessere Technik zu einem fairen Preis anbietet, habe ich kein Problem, wieder zu wechseln. Für mich ist die Kamera ein Werkzeug, kein Glaubensbekenntnis.

Das gleiche gilt für Techniken und Stile. Ich bin zum Beispiel kein Fan von analoger Fotografie. Der Aufwand, Filme zu laden, zu entwickeln und ständig neue Rollen zu kaufen, ist mir einfach zu viel.

Aber wer weiß? Vielleicht entdecke ich in ein paar Jahren die Liebe zum Film und überwinde meine Vorbehalte. Meinungen können sich ändern, und das ist gut so.

Oder ein noch einfacheres Beispiel: Du hast sicherlich auch schon Fotos gehabt die du aufgenommen hast und richtig beschissen fandest. Und Fotos auf die du richtig stolz bist. Und dann, mit etwas zeitlichem Abstand ändert sich deine Meinung total. Auf einmal gefällt dir das “schlechte” Foto viel besser oder das ach so tolle Foto sieht auf einmal gar nicht mehr so besonders aus.

 

Neue Erkenntnisse, neue Ansichten

Ich habe sehr kluge Mentoren, die immer sagen: Wenn sich die Fakten ändern, sollte man auch überlegen, ob man seine eigene Meinung dazu anpassen muss – insbesondere, wenn eine neue Datengrundlage vorliegt, auf deren Basis man entscheiden kann.

Dir ist sicherlich aufgefallen, dass du nicht mit dem Löffel der Weisheit geboren wurdest. In der Fotografie gibt es außerdem selten kein klares Richtig oder Falsch, sondern nur Möglichkeiten, die du entdecken und ausprobieren kannst.

Ein gutes Beispiel ist meine eigene Entwicklung. Vor einiger Zeit habe ich ein Video darüber gemacht, warum das 85mm Objektiv meine absolute Lieblingsbrennweite ist.

Ich habe alle Vorteile aufgezählt und war überzeugt, dass es die beste Wahl für mich ist. Damals stimmte das auch. Aber seitdem habe ich mich weiterentwickelt. Meine Motive haben sich verändert, mein Stil ist etwas abstrakter geworden, und plötzlich passt das 85mm Objektiv nicht mehr so gut zu dem, was ich ausdrücken will.

Stattdessen bin ich jetzt häufiger mit einem 35mm unterwegs. Es fühlt sich einfach besser an, es passt zu meiner aktuellen Arbeit.

Das bedeutet nicht, dass mein damaliges Video falsch oder gelogen war. Es war einfach ein Teil meiner fotografischen Reise. Nur weil ich einmal gesagt habe, dass das 85mm mein Liebling ist, heißt das nicht, dass ich für immer daran festhalten muss.

Ich bin offen dafür, zuzugeben, dass sich meine Vorlieben geändert haben. Vielleicht liebe ich in ein paar Jahren ja auch ein 50mm Objektiv oder kehre zum 85mm zurück. Wer weiß? Das Schöne an der Fotografie ist, dass sie sich ständig weiterentwickelt – und du entwickelst dich mit ihr.

Es ist wichtig, regelmäßig zu überprüfen, ob das, was du tust, noch zu dir passt. Vielleicht entdeckst du neue Techniken, die dir besser gefallen, oder du findest heraus, dass ein anderer Stil mehr zu dir passt.

 

Die Gefahr wenn man neue Ansätze ablehnt

In der Fotografie wird es vor allem dann gefährlich, wenn du neue Ideen oder Meinungsänderungen kategorisch ablehnst. Wenn du dich nur auf einen Weg festlegst und alles andere ausschließt, begrenzt du dich selbst.

Das ist wie eine Art Stammesdenken: Du umgibst dich nur mit Leuten, die deine Meinung teilen, und alles andere lehnst du ab. Das Problem dabei ist, dass du dich nicht mehr wirklich mit anderen Ansätzen auseinandersetzt. Und das kann dir auf Dauer den Spaß an der Fotografie nehmen.

Ich selbst habe das erlebt. Früher habe ich viel mit 85mm gearbeitet und mich auf Stockfotografie konzentriert. Das war damals mein Ding. Aber wenn ich dabei geblieben wäre, ohne etwas zu ändern, hätte ich wahrscheinlich irgendwann die Lust verloren.

Es hätte mich kreativ eingeengt, und ich hätte das Gefühl gehabt, dass mich das nicht mehr weiterbringt. Stattdessen habe ich mich für neue Wege entschieden: Heute fotografiere ich viel Streetfotografie mit einem 35mm. Das passt aktuell besser zu mir und meinen Interessen.

Aber wer weiß, wie es in fünf Jahren aussieht? Vielleicht bin ich dann in einer ganz anderen Lebenssituation und habe kein Interesse mehr an Streetfotografie. Vielleicht entdecke ich dann die Liebe zu Landschaften, Architektur oder Porträts.

Das Wichtigste ist, dass ich offen für Veränderungen bleibe. Denn mein Leben und meine Interessen werden sich mit Sicherheit weiterentwickeln. Wenn ich versuche, meine alten Ansätze krampfhaft beizubehalten, entstehen nur unnötige Reibungspunkte.

Es ist okay, zuzugeben, dass man vielleicht falsch lag oder dass sich die Dinge einfach geändert haben.

Veränderung ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Wachstum. Wenn du offen für neue Ansätze bleibst, machst du es dir selbst leichter und bewahrst dir die Freude an der Fotografie. Also häng dich nicht an alten Ideen auf – probier etwas Neues aus und lass dich überraschen, wohin es dich führt.

 

 
Timo Nausch