Produziert Fujifilm absichtlich zu wenig Kameras (wie die X100VI)?
Das Gerücht, dass Fujifilm absichtlich Kameras und Objektive in zu geringen Mengen produziert, kommt von einem Kommentar des Fujifilm-CEOs Teiichi Goto.
Er sagte, dass es wichtig sei, die Markenstärke aufzubauen und zu erhalten, anstatt zu viel zu produzieren und dadurch die Preise zu senken.
Viele Leute interpretieren das so, als ob Fujifilm absichtlich für Knappheit sorgt, um eine hohe Nachfrage und Begehrlichkeit zu schaffen.
Zudem sind Kameras wie die Fuji X100V oder X100VI auf Monate ausverkauft. Wer also seit langem auf seine Kamera wartet, wird diese Worte nicht gerne hören.
Fujifilm hat klargestellt, dass ihre Marketingstrategie darauf abzielt, die Innovation und Vielfalt ihrer Produkte zu zeigen, nicht darauf, Knappheit als Verkaufsstrategie zu nutzen.
Aber passen hier die Worte und Taten zusammen?
Die Produktionsstrategie von Fujifilm
Dabei glaube ich, dass viele diese Aussage falsch verstehen. Fujifilm verfolgt eine Strategie, die sich auf "Lean Production" konzentriert, also darauf, Produktionsmengen genau an die Nachfrage anzupassen.
Wenn dabei aber zu viele Produkte hergestellt werden, gibt es Probleme. Lagerkosten steigen, Produkte müssen mit Rabatten verkauft werden, und das senkt den Wert – für die Firma und auch für dich als Käufer.
Fujifilm möchte also nicht überproduzieren, sondern besser vorhersagen, wie viele Kameras tatsächlich gefragt sind.
Das klingt eigentlich nach fast identischen Modellen, ist es aber nicht. Stell dir vor, Fuji entscheidet im Winter, wie viele Kameras im Sommer gebraucht werden. Das hängt von Trends ab, vom Markt, von Lieferketten – alles Faktoren, die schwer zu kontrollieren sind.
Wenn zu viele Kameras produziert werden, bleibt die Firma auf den Kosten sitzen. Im schlimmsten Fall müssen sie die Kameras günstiger verkaufen, um Platz im Lager zu schaffen.
Das ist nicht nur schlecht für Fujifilm, sondern auch für dich, wenn du eine Kamera besitzt. Der Wiederverkaufswert sinkt, weil die Geräte plötzlich weniger wert sind.
Du merkst also, Überproduktion bringt für niemanden echte Vorteile.
Aber Fujifilm macht das nicht, um ihre Produkte künstlich knapp zu halten. Es geht darum, nachhaltig zu arbeiten, Ressourcen zu schonen und effizient zu bleiben.
Das ist besonders in der Kameraindustrie wichtig, wo es lange dauert, bis ein Produkt wirklich im Laden landet. Teile müssen bestellt, zusammengebaut und weltweit verschifft werden. All das braucht Zeit und eine gute Planung.
Zudem kommuniziert Fujifilm in Japanisch
Wenn Fujifilm kommuniziert, nutzt das Unternehmen meist die japanische Sprache. Dabei entstehen manchmal Missverständnisse, vor allem wenn es um Übersetzungen geht. Japanisch und Englisch unterscheiden sich stark, und Übersetzungen sind mehr Kunst als reine Technik.
Zum Beispiel hat Fujifilm in der Vergangenheit „Daylight“-Weißabgleich ins Englische als „Fine“ übersetzt. Das klingt harmlos, ist aber ein gutes Zeichen dafür, dass du manche Dinge nicht problemlos 1:1 übersetzen kannst.
Das gleiche Problem sehe ich bei den Aussagen von Fujifilms CEO. Seine Worte wurden zuerst auf Japanisch gesprochen und dann ins Englische übersetzt.
Hier kann es schnell passieren, dass die Nuancen seiner Botschaft verloren gehen oder anders interpretiert werden, als sie ursprünglich gemeint waren.
Wenn jemand daraus liest, dass Fujifilm absichtlich Marktengpässe schafft, hat er vielleicht zu viel in die Übersetzung hineininterpretiert. Denn eine solche Aussage findet man in seinen Worten nicht direkt. Sie steht quasi nur zwischen den Zeilen, wenn man genau hinschaut – oder wenn man es so sehen möchte.
Ich denke, man sollte bei solchen Themen immer berücksichtigen, dass Übersetzungen nie zu 100% die ursprüngliche Botschaft wiedergeben können.
Sprache ist komplex, und bei kulturellen Unterschieden wird es noch schwieriger. Deshalb finde ich es wichtig, solche Aussagen mit einem gewissen Verständnis zu lesen und auch Fehler oder Missverständnisse einzuplanen.
Vergangene Produktionszyklen von Fujifilm
Fujifilm hat über die Jahre immer wieder bewiesen, wie schwierig es ist, die richtige Balance in der Produktionsplanung zu finden. Der Prozess, eine Kamera herzustellen, dauert Monate.
Von der Planung über die Beschaffung der Teile bis hin zur Produktion und Auslieferung in die Läden – jede Kamera, die heute im Regal steht, wurde schon vor mindestens einem halben Jahr vorbereitet. Dabei schätzt Fujifilm die Nachfrage weit im Voraus. Das Problem? Diese Schätzungen sind nicht immer richtig.
In der Vergangenheit hat Fujifilm öfter daneben gelegen. Einige Kameras wie die X-E3, X-H1 und X-T4 wurden in zu großen Mengen produziert. Das führte dazu, dass Fujifilm diese Modelle rabattieren musste, was wiederum den Wiederverkaufswert der Kameras senkte.
Für Käufer, die den vollen Preis gezahlt hatten, war das natürlich ärgerlich. Fujifilm versucht, solche Situationen zu vermeiden – auch wenn das bedeutet, dass eine Kamera manchmal vergriffen ist.
Ein gengesätzliches Beispiel, das viele kennen, ist die X100V. Diese Kamera war fast drei Jahre lang gut verfügbar, bis plötzlich mehrere TikTok-Videos sie extrem populär machten.
Die Nachfrage schoss in die Höhe, aber Fujifilm reagierte nicht schnell genug. Vermutlich glaubte man, dass der Hype bald abflachen würde. Stattdessen blieb die Nachfrage hoch, und die Produktion konnte einfach nicht mithalten.
Ähnlich erging es der X-E4, die als Alternative zur X100V plötzlich viel gefragter war, als Fujifilm erwartet hatte.
Auf der anderen Seite gibt es auch Risiken, wenn zu viele Kameras produziert werden. Wenn Fujifilm beispielsweise 150.000 Stück eines Modells vorbereitet und die Nachfrage plötzlich einbricht, bleibt man auf den Kameras sitzen.
Das kann für das Unternehmen finanziell gefährlich werden. Die Balance zwischen Überproduktion und Verknappung zu finden, ist für Fujifilm ein ständiger Drahtseilakt.
Und wenn man der bisherigen Kommunikations Glauben schenkt, dann rechnet Fujifilm viel lieber mit konservativen Zahlen und ist am Ende positiv überrascht.
Natürlich, wenn du noch auf deine Kamera wartest - vielleicht schon seit Monaten - dann ist diese Aussage extrem ärgerlich. Auf der anderen Seite kann ich aber nicht abstreiten, dass die Strategie von Fujifilm aufgeht und korrekt ist.
Ich habe mir die X100VI unter anderem gekauft, weil ich die Erwartung habe, dass die Kamera ihren Wert behält. Ähnlich wie eine Leica.
Ich kann diese Kamera also kaufen, für Monate oder Jahre nutzen und am Ende sie nur mit minimalem Wertverlust verkaufen - falls ich sie überhaupt verkaufen will. Das war für mich durchaus eine attraktive Rechnung als Käufer.
Und Fujifilm kann sich mit dieser Strategie einigermaßen sicher sein, nicht auf den Lagerbeständen sitzen zu bleiben.
Gleichzeitig bin ich mir aber sicher, dass Fujifilm sehr gerne die bestehende Nachfrage befriedigen würde, wenn sie dafür nur mit dem Finger schnipsen müssten. Denn mehr verkaufte Kameras bedeutet mehr Gewinn für Fuji.
Aber da sie nicht einfach mit einem Finger schnipsen können, rechnet Fujifilm einfach konservativer und produziert im Zweifel etwas zu wenig Kameras. Einen Ansatz, den ich aus unternehmerischer Sicht gut nachvollziehen kann.
Das ist jedoch weit davon entfernt, absichtlich die Produktion zu limitieren um künstlich einen Hype zu erzeugen. Was normalerweise passiert ist, dass Hersteller einfach die Preise erhöhen, bis Nachfrage und Angebot ungefähr ausgeglichen sind… Wenn du das als Fotograf willst, dann zahlst du bald Leica-Preise für deine Fujifilm…
Und das ist garantiert eine Dynamik, die dir auch nicht gefällt.