Ist die Ricoh GR III overhyped? Nachteile der Kamera erklärt!

 

Wer sich mit Streetfotografie beschäftigt wird sicher früher oder später etwas von der Ricoh GR III* oder einer ihrer Varianten gehört haben.

Viele Streetfotografen schwören auf diese Kamera. Doch sie hat auch Nachteile über die eher selten gesprochen wird. Wir schauen uns diese einmal genauer an.

 

Warum sich diese Kamera anders anfühlt

Obwohl sie auf dem Papier technisch nicht wirklich beeindruckt, spricht die Ricoh GR III doch eine ganz spezielle Art von Fotografie an, und genau das macht sie für mich so interessant.

Du fragst dich vielleicht, warum diese Kamera sich anders anfühlt?

Nun, es liegt an ihrem einzigartigen Ansatz, der nicht jeden ansprechen wird. Nicht jeder Fotograf wird die Ricoh GR III lieben, und das ist auch gut so.

Fotografie ist unglaublich subjektiv und persönlich – was für den einen perfekt ist, kann für den anderen völlig unpassend sein.

Einer der Hauptkritikpunkte, die ich oft höre, ist, dass die GR III in einigen Aspekten hinter anderen Kameras zurückbleibt. Doch ich sehe das etwas anders. Un natürlich kann sich nicht mit der herausragenden Qualität der großen Markenhersteller mithalten.

Einige der vermeintlichen Schwächen dieser Kamera sind tatsächlich versteckte Vorteile, wenn man sie aus der richtigen Perspektive betrachtet.

 

Ist der Autofokus der Ricoh GR III zu schlecht?

Ein Kritikpunkt den viele Leute an der GR III haben, ist der angeblich zu schlechte Autofokus.

Und ja, der Autofokus der Ricoh GR III* ist anständig, aber nicht hervorragend. Er funktioniert gut, wenn es darum geht, mit einem einzelnen Fokuspunkt scharfzustellen.

Doch wenn du auf ein Autofokus-System hoffst, das Bewegungen so flüssig und präzise verfolgt wie bei Sony oder Canon, dann muss ich dich enttäuschen. Das ist definitiv nicht die Stärke dieser Kamera.

Einige Nutzer haben mir Feedback gegeben, dass der Autofokus Mühe hat, mit schnell bewegenden Objekten, wie spielenden Kindern, Schritt zu halten.

Die Ricoh ist aber nicht wirklich gut in diesem Bereich und eine andere, klassische Kamera von Canon oder Sony funktioniert dafür deutlich besser.

Ehrlicherweise kann man mit der Ricoh aber auch tricksen und muss sich dann fast nicht auf den Autofokus verlassen.

Dafür nutzt man bei der GR III einfach die Snap-Fokus-Funktion.

Dies ist eine Funktion, die deine Kamera auf eine bestimmte Distanz voreinstellt. Solange sich das Motiv innerhalb dieser Distanz befindet, wird es scharf abgebildet.

An der Seite der Kamera gibt es eine hilfreiche Anzeige, die dir zeigt, innerhalb welcher Entfernungsbereiche, basierend auf der eingestellten Blende, dein Motiv scharf sein wird.

Zum Beispiel, bei einer Blende von F2.8 ist dieser Bereich schmaler, was bedeutet, dass du ziemlich genau zielen musst, um scharfe Bilder zu bekommen.

Ich habe mich selbst daran gewöhnt, mit einer festen Fokussierungsdistanz von drei einhalb Metern zu fotografieren, besonders wenn ich während des Mittagslichts bei Blende F8 arbeite.

Von drei einhalb Metern bis Unendlich weiß ich dann, dass meine Bilder scharf sein werden. Ich muss also nur dafür sorgen, mindestens 3,5m von meinem Motiv entfernt zu sein.

Dadurch ist die GR III aber auch keine Kamera, die sich auf Bokeh spezialisiert.

Sicherlich kannst du bei F2.8 einen anständigen Bokeh-Effekt erzielen, aber die Stärke der Kamera liegt viel mehr in der Betonung von Motiv und Komposition.

Daher gibt es auch Fotografen, die mit Blendenöffnungen bis zu f/16 unterwegs sind, um mit dem Snap-Fokus möglichst viele Bereiche des Fotos scharf zu bekommen.

Wie es der Name im Fokus bereits vermuten lässt, die Ricoh ist eben einfach mehr auf Schnappschüsse ausgelegt. Und für diesen Bereich, besonders bei Streetfotografie, funktioniert sie perfekt.

Wenn du die Zeit hast, dir den perfekten Bildausschnitt zu suchen, dann gibt es Kameras, die dir deutlich mehr für das Geld bieten.

 

Wie schlimm ist die Batterielaufzeit tatsächlich?

Ehrlich gesagt, die Batterielaufzeit der Ricoh GR III lässt ziemlich zu wünschen übrig. Das ist Fakt und das will ich auch gar nicht beschönigen.

Aber lasst uns ehrlich sein, das ist der Preis, den wir für eine so kleine Kamera mit einem APS-C-Sensor und eingebauter Bildstabilisierung zahlen.

Viele andere Kameras dieser Größe haben entweder einen kleineren Sensor oder weniger technische Funktionalität.

Aber was erwarte ich auch von so einer winzigen Batterie? Sie sind klein genug, um ein paar extra in die Tasche zu stecken, ohne dass es zur Last wird.

In meinem Fall reichen normalerweise zwei Batterien, um über den Tag zu kommen.

Das liebe ich besonders an der GR III: Ich kann sie einfach in die Tasche stecken und losziehen, ohne mir Gedanken darüber zu machen, dass mich das Gewicht meiner Ausrüstung belastet.

So kannst du auch immer eine Kamera dabei haben, egal ob du überhaupt planst Fotos zu machen oder nicht. Im Fall der Fälle hast du aber auf jetzt immer eine Kamera zur Hand.

Früher hatte ich eher ein schlechtes Gewissen, wenn ich meine große Kameraausrüstung mitgenommen habe und dann nur ein oder zwei Fotos entstanden.

Habe ich mich dann gefragt, ob das überhaupt lohnenswert war? Die Fotos landeten ohnehin nicht in der Galerie oder meinem Portfolio.

Wenn ich wirklich auf der Jagd nach den besten Bildern bin, hole ich natürlich die schwereren Geschütze heraus, meistens meine Sony-Ausrüstung.

Mir würde es nicht einfallen, mit einer Ricoh einen professionellen Fotoshoot zu machen. Genau für solche Fälle habe ich ja weiterhin Profi-Equipment.

Aber für lockere Tage, an denen ich einfach nur entspannen und Spaß haben will, ist die GR III unschlagbar.

Um noch ein bisschen mehr aus der Kamera herauszuholen, kann man den Bildschirm ausschalten.

Wie kann man dann noch Fotografieren? Hier kommt wieder der Snap Fokus und die hohe Blende ins Spiel. Solange du ein Gefühl für die 28mm Brennweite der Kamera hast, kannst du mit Snap Fokus blind aus der Hüfte fotografieren.

Viele, die diese Kamera benutzen, sagen, dass sie oft gar nicht auf den Bildschirm schauen und es ihnen nichts ausmacht, keinen elektronischen Sucher zu haben.

Sie fotografieren einfach auf Brusthöhe, wenn sie ihre Aufnahme sehen.

Sobald man sich daran gewöhnt hat, entwickelt man eine Art Instinkt oder Vorahnung, wann man genau im richtigen Abstand ist, um den perfekten Schuss zu machen.

Hier spielt auch der Fokus auf Schnappschuss-Distanz eine große Rolle.

Wenn du den Autofokus aktiv lässt, sucht er zu lange nach dem Fokus oder verfehlt ihn ganz. Aber im manuellen Modus? Klick – und du hast das Bild.

Daher steht und fällt diese Kamera meiner Meinung damit, ob du überhaupt mit dem Snap-Fokus arbeiten willst und wenn ja, wie vertraut und angenehm das für dich wird.

Kommst du gut damit klar, ist die Ricoh eine tolle Kamera, findest du den Modus unnötig und fotografierst lieber auf eine andere Art und Weise, dann wird die Ricoh schnell frustrierend.

Versuchst du nämlich ständig über den Bildschirm den perfekten Bildausschnitt zu finden und lässt den Autofokus dann noch viel arbeiten, verbrauchst du eben noch mehr Akkus.

Und dann wird die schlechte Batterielaufzeit nur umso schlimmer und fällt noch stärker negativ auf.

 

Der Ricoh Sensor staubt zu schnell ein?

Ein anderes Thema, das immer wieder zur Sprache kommt, ist das Problem mit Staub auf dem Sensor. Ja, Staub ist unvermeidlich, besonders bei Kameras, die man überallhin mitnehmen kann.

Da du bei dieser Kamera nicht ohne weiteres das Objektiv abnehmen kannst, brauchst du auch einen Profi, um die Kamera wieder sauber zu bekommen.

Das kann definitiv einige Interessenten abschrecken. Ich verstehe die Bedenken. Ehrlicherweise sind mir aber nie Probleme an den Fotos aufgefallen.

Außerdem kommt vieles dabei auch darauf an, wie du die Kamera behandelst. Wenn man sie nicht babysitted, sondern eben das macht wofür sie ausgelegt ist - in einer Jackentasche zu tragen - dann ist das natürlich nicht so eine saubere, ordentliche Umgebung wie in einem Kamerarucksack.

Natürlich wird eine Kamera dann auch schneller dreckig, gerade wenn du sie oft dabei hast. Solang das aber nicht zu einem Problem bei den Fotos wird - was es wie angesprochen nicht ist - dann störe ich mich nicht am Staub.

 

Film Simulationen sind hervorragend!

Aber nun zu einem fröhlicheren Thema: die Filmsimulation.

Viele sagen, dass die Filmsimulation überflüssig ist, weil man Fotos nachbearbeiten kann, um genau den Look zu erreichen, den man möchte.

Das ist natürlich wahr, aber ich behandele meine Ricoh GR III eher wie eine Kamera für den Alltagsgebrauch, bei der ich nicht viel nachbearbeiten möchte.

Manchmal verstehe ich nicht so ganz, wie Fotografen die Features einer Fuji X100V oder X100VI endlos loben und es bei der Ricoh auf einmal ein Problem sein soll.

Bei meinen Sony-Kameras übernehme ich gerne die Nachbearbeitung, aber bei der GR III genieße ich einfach die Freiheit und den Spaß am Fotografieren.

Die Filmsimulationen der Ricoh oder auch von Fuji sind bekannt dafür, dass sie einige der besten JPEGs direkt aus der Kamera liefern.

Ich liebe es, neue „Rezepte“ für die Filmsimulationen zu finden, die ich in meiner Kamera ausprobieren kann.

Das weckt die reine Freude am Fotografieren – es geht darum, etwas Eigenes zu schaffen, etwas, das dich begeistert.

Kommen wir also erneut zu einem Punkt vom Anfang: Klar die Ricoh ist nicht so gut wie Profi Equipment. Muss sie aber auch nicht sein, weil es eigentlich völlig andere Einsatzbereiche und Situationen gibt, an denen man die Kamera einsetzen würde.

 

Ist die Ricoh GR III overhyped?

Ist die Ricoh GR III also overhyped? Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten.

Viele der Kritikpunkte sind valide. Man bekommt eben nicht die Leistung einer Profi Kamera. Dafür kostet eine Ricoh aber eine gute Stange Geld.

Ich verstehe also die Erwartungshaltung vieler, die eine bessere Kamera erwarten, als sie am Ende bekommen.

Von daher könnte man durchaus zu dem Schluss kommen, die Ricoh GR III ist overhyped.

Ich glaube sie hat ein kleines Marketingproblem. An sich richtet sie sich vor allem auf Leute, die ungezwungene Schnappschüsse machen wollen.

Gleichzeitig müssen diese Leute aber etwas von Kameraeinstellungen verstehen und vor allem gerne mit dem Snap-Fokus arbeiten.

Die Schnittmenge an Menschen, die diese Anforderungen erfüllen ist wahrscheinlich recht klein. Weshalb Ricoh versucht die Kamera für ein breiteres Publikum schmackhaft zu machen.

Dadurch entsteht natürlich eine Art Hype, weil immer mehr Leute über diese Kamera berichten. Auch ich trage ja dazu bei.

Bevor du dir eine GR III holst, stell dir also am besten ganz genau die Frage, ob die Nachteile für dich ein großes Problem sind und ob du bereit bist, mit den Limitierungen der Kamera zu arbeiten.

An sich kann es eine tolle Spaß Kamera sein, die jedoch auch schnell zu Frustration führt, wenn man nicht weiß, wie man mit den Limitierungen umgehen sollte.

 

 
Timo Nausch