Langzeitbelichtung für Anfänger: Dein ultimativer Guide

 

Du willst dich an einer Langzeitbelichtung versuchen, weißt aber noch nicht genau, wie du so ein Foto aufnimmst?

Wir werden die Geheimnisse lüften, die hinter atemberaubenden Fotos von Sternenspuren am Nachthimmel, verschwommenen Menschenmengen in belebten Städten oder seidig glatten Wasserfällen stehen.

Aber keine Sorge, du brauchst kein Profi zu sein, um loszulegen. Alles, was du brauchst, ist eine Kamera, ein wenig Zubehör und die Bereitschaft, zu experimentieren und zu lernen.

Was ist Langzeitbelichtung?

Die Langzeitbelichtung ist eine faszinierende Technik in der Fotografie, die es ermöglicht, die Bewegung in einem Bild auf eine einzigartige und künstlerische Weise darzustellen. Aber was bedeutet das genau?

In der Fotografie bezieht sich die Belichtungszeit auf die Dauer, in der der Kamerasensor Licht aufnimmt.

Bei einer Langzeitbelichtung bleibt der Verschluss der Kamera für eine verlängerte Zeit geöffnet, oft mehrere Sekunden oder sogar Minuten.

Während dieser Zeit nimmt der Sensor kontinuierlich Licht auf und zeichnet alle Bewegungen in der Szene auf.

Das Ergebnis ist ein Foto, das die Zeit und Bewegung auf eine Weise einfängt, die für das menschliche Auge unmöglich zu sehen ist.

Es gibt viele Situationen, in denen die Langzeitbelichtung zum Einsatz kommt.

Eine der bekanntesten ist die Nachtfotografie.

Hast du jemals ein Foto von Sternenspuren am Himmel gesehen, die wie ein Wirbelwind aus Licht aussehen? Das ist das Ergebnis einer Langzeitbelichtung (Hier findest du auch einen vollständigen Guide, der sich geziehlt um die Astrofotografie dreht).

Oder vielleicht hast du Bilder von Stadtszenen bei Nacht gesehen, auf denen die Lichter der Autos zu langen, leuchtenden Streifen verschmelzen. Auch das ist Langzeitbelichtung.

Aber es geht nicht nur um die Nacht. Langzeitbelichtung kann auch tagsüber verwendet werden, um interessante Effekte zu erzielen.

Zum Beispiel kann sie verwendet werden, um Wasserfälle oder Flüsse zu fotografieren, wobei das Wasser zu einer seidigen, fast nebligen Substanz wird. Wie du Wasser richtig in Szene setzt, erfährst du in diesem Artikel noch einmal ausführlicher.

Oder sie kann in belebten Städten verwendet werden, um Menschenmengen zu einem verschwommenen Strom von Bewegung zu machen, während statische Objekte scharf und klar bleiben.

Grundlegende Ausrüstung für Langzeitbelichtung

Die Langzeitbelichtung erfordert einige spezielle Ausrüstungsgegenstände, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Hier sind die wichtigsten Dinge, die du brauchst:

1. Kamera

Natürlich brauchst du eine Kamera, um loszulegen. Aber nicht irgendeine Kamera wird es tun.

Du brauchst eine, die dir die Kontrolle über die Belichtungszeit gibt.

Das bedeutet, dass du eine Kamera mit manuellen Einstellungen benötigst.

DSLRs und spiegellose Kameras sind hierfür ideal, aber auch viele Kompaktkameras und sogar einige fortgeschrittene Smartphones bieten diese Funktion.

2. Stativ

Ein Stativ ist unerlässlich für die Langzeitbelichtung. Da der Verschluss deiner Kamera für eine längere Zeit geöffnet ist, ist es wichtig, dass die Kamera absolut still bleibt, um Unschärfe zu vermeiden.

Ein stabiles Stativ sorgt dafür, dass deine Kamera sicher und fest steht. Es gibt viele verschiedene Arten von Stativen, von leichten Reisestativen bis hin zu schweren Studiostativen. Hier findest du eine Übersicht der besten Varianten für dich.

3. ND-Filter (Situativ)

ND steht für "Neutraldichte". Ein ND-Filter ist im Grunde genommen eine Sonnenbrille für deine Kamera.

Er reduziert die Menge an Licht, die in die Kamera gelangt, ohne die Farben zu beeinflussen.

Warum brauchst du das? Weil bei einer Langzeitbelichtung der Verschluss für eine längere Zeit geöffnet ist, kann ohne einen ND-Filter zu viel Licht in die Kamera gelangen, was zu überbelichteten Fotos führt.

Ein ND-Filter ermöglicht es dir, auch bei hellem Tageslicht Langzeitbelichtungen durchzuführen. Wenn du also am Tag oder teilweise auch bei Sonnenuntergang eine Langzeitbelichtung durchführen willst, brauchst du einen dieser Filter.

Fotografierst du bei Nacht und Dunkelheit ist ein ND-Filter aber nicht nötig und du kannst auch ohne tolle Langzeitbelichtungen aufnehmen.

Hier findest du eine Übersicht der besten ND-Filter für jedes Budget.

5. Zusätzliches Zubehör

Abhängig von deinen spezifischen Bedürfnissen und der Art der Fotografie, die du machst, gibt es noch andere Ausrüstungsgegenstände, die du in Betracht ziehen könntest.

Dazu gehören Dinge wie

  • Ersatzakkus (Langzeitbelichtungen können viel Akkuleistung verbrauchen),

  • Fernauslöser (wenn deine Kamera keine Möglichkeit zum Selbstauslösen hat oder du für dein Bild im Vordergrund posen willst),

  • eine Taschen- oder Stirnlampe (nützlich für Nachtaufnahmen - achte auf eine mit Rotlicht, was weniger anstrengend für die Augen ist, als weißes Licht) und

  • eine wetterfeste Tasche oder Abdeckung (um deine Ausrüstung vor den Elementen zu schützen).

Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Langzeitbelichtung

Die Langzeitbelichtung mag auf den ersten Blick kompliziert erscheinen, aber keine Sorge, wir werden sie gemeinsam Schritt für Schritt durchgehen. Hier ist eine detaillierte Anleitung, wie du eine Langzeitbelichtung von der Einrichtung der Ausrüstung bis zur Aufnahme des Fotos durchführst.

1. Wähle den richtigen Ort und die richtige Zeit

Das erste, was du tun musst, ist, den richtigen Ort und die richtige Zeit für deine Langzeitbelichtung zu wählen. Du suchst nach einer Szene mit interessanter Bewegung - das könnte der Verkehr auf einer belebten Straße, die Wellen an einem Strand oder die Sterne am Nachthimmel sein. Denke daran, dass du für Langzeitbelichtungen viel Licht benötigst, also plane entsprechend. Bei Nacht benötigst du eine klare Sicht auf den Himmel oder eine gute künstliche Lichtquelle. Tagsüber kannst du fast überall fotografieren, aber du benötigst wahrscheinlich einen ND-Filter, um zu verhindern, dass dein Bild überbelichtet wird.

2. Richte deine Ausrüstung ein

Stelle dein Stativ auf und befestige deine Kamera sicher darauf.

Stelle sicher, dass das Stativ stabil ist und nicht wackelt.

Wenn du einen Fernauslöser hast, schließe ihn jetzt an. Ansonsten stelle das verzögerte Auslösen (“Selbstauslöser”) bei deiner Kamera ein (2 Sekunden reichen meistens, wer sicher gehen will nimmt 5 Sekunden Verzögerung).

Sofern du einen ND-Filter verwendest, setze diesen NOCH NICHT auf. Andernfalls erschwerst du dir die Fokussierung, die wir uns nun im nächsten Schritt anschauen.

3. Fokussiere dein Bild

Für die Einstellung des Fokus kannst du zunächst den Autofokus versuchen.

Aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse hat dieser jedoch häufig Probleme, insbesondere, wenn du einen ND-Filter nutzt.

Aus diesem Grund stellen wir den Fokus auch vor den restlichen Kameraeinstellungen ein, da du dann noch die besten “Sichtverhältnisse” auf deinem Display hast.

Insgesamt ist es ratsam, den manuellen Fokus für das Scharfstellen des Fotos zu verwenden.

Es kann schwierig sein, bei schwachem Licht zu fokussieren, also versuche, auf einen Bereich mit gutem Kontrast oder eine Lichtquelle zu fokussieren.

Beim Sternenhimmel achte z.B. auf die Größe der Sternpunkte. Ist der Stern noch etwas unscharf wird er größer und verschwommen angezeigt, je schärfer er wird, desto klarer wird auch dessen Punkt auf deinem Display zu sehen sein.

4. Wahl der Kameraeinstellungen

Schalte deine Kamera in den manuellen Modus.

Automatische Belichtungsoptionen verstehen nicht, dass du versuchst eine Langzeitbelichtung aufzunehmen und werden dir Fehlerhafte Ergebnisse liefern.

Wenn du einen ND-Filter verwendest, solltest du ihn jetzt an deiner Kamera anbringen. Achte aber darauf, den eingestellten Fokus nicht zu verschieben.

Anschließend:

  • Stelle die ISO so niedrig wie möglich ein, um das Bildrauschen zu minimieren.

  • Wähle eine kleine Blende (eine große f-Zahl), um eine größere Schärfentiefe zu erreichen und mehr Licht zu blockieren. Starte am Besten mit Blende f/8.

  • Jetzt musst du die Belichtungszeit einstellen. Dies ist der Teil, der etwas Experimentieren erfordert. Eine gute Ausgangspunkt ist eine Belichtungszeit von etwa 0,5 - 5 Sekunden. Du kannst diese Zeit später anpassen, je nachdem, wie hell oder dunkel dein Bild ist.

5. Mache das Foto

Wenn alles eingestellt ist, ist es Zeit, das Foto zu machen.

Drücke den Auslöser deines Fernauslösers (oder den Auslöser der Kamera, wenn du keinen Fernauslöser hast) und lass die Kamera das Licht aufnehmen.

Bewege die Kamera nicht und vermeide es, sie zu berühren, während der Verschluss geöffnet ist.

6. Überprüfe und justiere

Nachdem die Kamera das Foto gemacht hat, schaue es dir auf dem LCD-Bildschirm an.

Ist es zu hell? Dann verkürze die Belichtungszeit oder verwende einen stärkeren ND-Filter.

Ist es zu dunkel? Dann verlängere die Belichtungszeit oder öffnedie Blende ein wenig.

Ist der Fokus scharf? Wenn nicht, versuche, ihn erneut einzustellen.

Dieser Schritt kann einige Versuche erfordern, also sei geduldig und zögere nicht, verschiedene Einstellungen auszuprobieren. Es ist keine Seltenheit, dass du ersteinmal einige “Testfotos” machen musst, bis du die optimalen Einstellungen gefunden hast.

7. Experimentiere und habe Spaß

Jetzt, da du die Grundlagen der Langzeitbelichtung kennst, ist es an der Zeit, zu experimentieren.

Versuche, verschiedene Belichtungszeiten, Standorte und Motive auszuprobieren. Spiele mit Licht und Bewegung.

Denke daran, dass es in der Fotografie keine festen Regeln gibt, also zögere nicht, kreativ zu sein und deine eigenen einzigartigen Bilder zu erstellen.

Häufige Fehler die du vermeiden solltest

Hier sind einige der häufigsten Fehler, die Anfänger bei Langzeitbelichtungen machen, und einige Tipps, wie du sie vermeiden kannst:

  1. Verwackelte Bilder: Dies ist wahrscheinlich der häufigste Fehler bei der Langzeitbelichtung. Da der Verschluss für eine längere Zeit geöffnet ist, kann jede Bewegung der Kamera zu Unschärfe führen. Stelle sicher, dass deine Kamera auf einem stabilen Stativ steht und verwende einen Fernauslöser oder den Selbstauslöser deiner Kamera, um den Verschluss auszulösen.

  2. Falsche Belichtung: Bei der Langzeitbelichtung kann es schwierig sein, die richtige Belichtung zu finden. Wenn dein Bild zu hell ist, versuche, die Belichtungszeit zu verkürzen oder einen stärkeren ND-Filter zu verwenden. Wenn es zu dunkel ist, verlängere die Belichtungszeit oder öffne die Blende ein wenig.

  3. Unscharfer Fokus: Bei schwachem Licht kann es schwierig sein, den Fokus richtig einzustellen. Schalte den Autofokus aus und stelle den Fokus manuell ein. Verwende die Live-View-Funktion deiner Kamera, um den Fokus zu überprüfen.

  4. Ignorieren des Bildaufbaues: Auch bei der Langzeitbelichtung ist der Bildaufbau wichtig. Achte auf die Regel der Drittel, nutze führende Linien und versuche, ein interessantes Motiv in deinem Bild zu haben. Hier findest du eine Artikel mit den wichtigsten Tipps zur Bildkomposition.

  5. Nicht genug Geduld: Langzeitbelichtung erfordert Geduld. Es kann mehrere Versuche erfordern, um die richtigen Einstellungen zu finden, und du musst oft warten, bis die Lichtverhältnisse genau richtig sind. Gib nicht auf, wenn es beim ersten Mal nicht klappt. Jedes misslungene Foto ist eine Lerngelegenheit.

  6. Ignorieren der Wetterbedingungen: Das Wetter und die Lichtverhältnisse können einen großen Einfluss auf deine Langzeitbelichtungen haben. Plane deine Aufnahmen entsprechend und sei bereit, deine Pläne zu ändern, wenn das Wetter nicht mitspielt.

Fazit

Die Langzeitbelichtung ist ein sehr faszinierendes Gebiet, dass jedoch eine gewisse Lernkurve mit sich bringt.

Sobald du aber einmal den Dreh raus hast, fällt es dir immer einfacher, tolle Langzeitbelichtungen aufzunehmen.

Viel Spaß beim Ausprobieren!

FAQ

Welche Einstellungen bei Langzeitbelichtung?

Für Langzeitbelichtung empfiehlt es sich, die Kamera auf ein Stativ zu setzen, den ISO-Wert so niedrig wie möglich zu halten und die Blende je nach gewünschter Tiefenschärfe einzustellen. Die Belichtungszeit variiert je nach Szenario.

Welche ISO bei Langzeitbelichtung?

Bei Langzeitbelichtungen solltest du den ISO-Wert so niedrig wie möglich halten, um Bildrauschen zu vermeiden. Oft ist dies der niedrigste Wert, den deine Kamera bietet, wie ISO 100.

Was braucht man für Langzeitbelichtung?

Für Langzeitbelichtungen benötigst du ein Stativ, um Kamerabewegungen zu vermeiden, eine Kamera mit manuellen Einstellungsmöglichkeiten und eventuell einen Fernauslöser, um Erschütterungen beim Auslösen der Kamera zu vermeiden.

Wie stelle ich die Belichtungszeit richtig ein?

Die Belichtungszeit hängt von den Lichtverhältnissen ab. Bei wenig Licht ist eine längere Belichtungszeit erforderlich, während bei hellem Licht eine kürzere Belichtungszeit ausreicht. Nutze den Kamera-Belichtungsmesser und mache Testaufnahmen.

Wie nehme ich Lichtstreifen auf?

Für Lichtstreifen benötigst du eine lange Belichtungszeit. Richte die Kamera auf eine Straße oder einen Pfad, auf dem sich Lichter bewegen, z. B. vorbeifahrende Autos. Setze eine Belichtungszeit von mehreren Sekunden bis Minuten.

Warum werden meine Sterne unscharf?

Unscharfe Sterne können das Ergebnis von Bewegungsunschärfe durch die Erdrotation sein. Verwende die "500er-Regel" (500 geteilt durch die Brennweite deines Objektivs) um die maximale Belichtungszeit in Sekunden zu berechnen, bei der Sterne noch scharf erscheinen.

 

 
Timo Nausch