Deine Kamera hat keine Ahnung wie hell es eigentlich ist
Jede moderne Kamera verfügt über eine Lichtmessung (oder auf Englisch: “Metering Mode”).
An sich ist das faszinierende und extrem hilfreiche Technik. In Wahrheit weiß deine Kamera aber überhaupt nicht, wie hell es eigentlich ist. Die Kamerahersteller bedienen sich dafür eines Tricks.
Welche Probleme das erzeugt und wie ich damit umgehe, schauen wir uns hier genauer an.
Wie funktioniert die Lichtmessung eigentlich?
Deine Kamera misst Licht auf eine ziemlich interessante, aber auch etwas missverstandene Weise. Sie hat nämlich keine Ahnung, wie hell oder dunkel es tatsächlich ist.
Stattdessen verlässt sie sich auf einen eingebauten Lichtmesser, der immer denselben Trick anwendet: Er misst reflektiertes Licht aus der Szene und versucht, die Belichtung auf einen bestimmten Helligkeitswert zu bringen. Dieser Wert wird als "Mittleres Grau" oder „18 % Grau“ bezeichnet.
Das Konzept ist simpel: Mittleres Grau reflektiert 18 % des einfallenden Lichts und gilt als der Durchschnitt aller Helligkeiten in einer typischen Szene. Deine Kamera geht also davon aus, dass alles, was du fotografierst, durchschnittlich genau so hell ist.
Klingt erstmal logisch, oder? Aber genau hier beginnt das Problem.
Wenn du eine Szene fotografierst, die überwiegend hell ist – zum Beispiel eine Schneelandschaft – denkt die Kamera: „Oh nein, das ist viel zu hell! Ich muss das abdunkeln.“
Das Ergebnis? Dein Schnee sieht plötzlich grau und matschig aus. Umgekehrt, wenn du eine sehr dunkle Szene aufnimmst, wie ein schwarzes T-Shirt, sagt sich die Kamera: „Das ist zu dunkel! Ich helfe mal nach.“ Und schwupps, das Schwarz wird zu einem unschönen Grau aufgehellt und deine ISO ist auf einmal viel höher als sie sein müsste.
Die Lichtmessung ist also darauf ausgelegt, immer auf diesen Mittelwert zu kommen. Das kann in vielen Situationen super funktionieren, zum Beispiel bei gleichmäßig beleuchteten Landschaften. Aber in extremen Lichtsituationen – sehr hell oder sehr dunkel – führt das eher zu falschen Ergebnissen.
Warum passiert das? Die Kamera weiß nicht, welches Licht „richtig“ ist. Sie sieht nur Helligkeit und keine Kontexte. Farben? Egal. Stimmungen? Egal. Alles wird auf diese 18 % heruntergerechnet.
Genau deshalb ist es so wichtig, die Lichtmessung deiner Kamera zu verstehen. Sie ist ein Werkzeug, das dir helfen kann, aber sie weiß nicht, was du vorhast.
Wenn du dieses Konzept verstanden hast, kannst du die Kamera gezielt steuern, anstatt dich über unpassende Ergebnisse zu ärgern. Das Wissen darüber ist der erste Schritt zu besseren Fotos.
Was machen die einzelnen Messmodi der Kamera?
Deine Kamera hat verschiedene Messmodi, die dir dabei helfen, die Belichtung deiner Fotos zu optimieren. Aber was machen diese Modi eigentlich?
Ganz einfach: Sie entscheiden, welcher Teil der Szene für die Lichtmessung herangezogen wird. Jeder Modus hat seinen eigenen Ansatz, und welcher der richtige ist, hängt von deiner Situation ab.
Fangen wir mit dem Matrix- oder Mehrfeldmessmodus an. Das ist der Allrounder unter den Messmodi und meist die Standardeinstellung. Deine Kamera analysiert die gesamte Szene, berücksichtigt Helligkeitsunterschiede, Bereiche im Fokus und versucht, eine ausgewogene Belichtung zu finden.
Stell dir vor, du fotografierst eine Landschaft mit einem hellen Himmel und einem dunkleren Vordergrund. Der Matrixmodus gleicht diese Kontraste aus, um ein harmonisches Gesamtbild zu erzeugen. Das funktioniert in vielen Situationen, besonders bei gleichmäßigen Lichtverhältnissen, wunderbar.
Manchmal ist jedoch der Mittenbetonte (Zentrum) Modus besser geeignet. Hier liegt der Fokus auf der Bildmitte, während der Rest der Szene weniger berücksichtigt wird.
Fotografierst du beispielsweise eine Person vor einem hellen Hintergrund, sorgt dieser Modus dafür, dass das Gesicht korrekt belichtet wird, auch wenn der Hintergrund dabei überbelichtet wirkt. So kannst du aber sicher stellen, dass der wichtigste Punkt deines Fotos - das Gesicht der Person - korrekt belichtet ist.
Der präziseste Modus ist Spotmessung. Hier misst die Kamera das Licht in einem winzigen Bereich, oft nur 2–5 % des Bildes. Das ist ideal, wenn dein Motiv stark vom Rest der Szene abweicht – wie ein heller Vogel vor einem dunklen Wald.
Aber Vorsicht: Wenn du das Messfeld auf einen besonders hellen oder dunklen Bereich legst, kann die Belichtung schnell danebenliegen. Spotmessung erfordert also Übung und ist eher etwas für spezifische Situationen in denen dich die anderen Modi nicht weiter bringen.
Manche Kameras bieten auch Highlight-Messung. Hier liegt der Fokus auf den hellsten Bereichen der Szene, um Überbelichtungen zu vermeiden.
Das ist z.B. praktisch für Hochzeiten, bei denen du ein weißes Kleid richtig belichten möchtest, ohne dass es in den Lichtern „ausbrennt“.
Jeder Modus hat seine Stärken, aber keiner ist universell perfekt. Deine Aufgabe ist es, den richtigen Modus für deine Szene zu wählen.
Diese Tricks habe ich über die Zeit gelernt
Über die Zeit habe ich ein paar Tricks gelernt, die mir das Fotografieren mit der Belichtungsmessung enorm erleichtern. Und das Beste daran? Du kannst sie ganz einfach selbst ausprobieren.
Ich nutze in den meisten Fällen einen Standardmessmodus, den ich für fast alle Situationen beibehalte.
Bei meiner Sony-Kamera ist das der Mehrfeldmodus, weil er zuverlässig arbeitet und in 99 % der Fälle gute Ergebnisse liefert.
Statt ständig zwischen Messmodi zu wechseln, greife ich lieber zur Belichtungskorrektur. Das macht mich schneller und flexibler.
Dafür habe ich mir extra mein Einstellungsrad an meiner Sony A7C II umgestellt. Viele Kameras haben aber bereits von Hause aus ein Rad an dem du die Belichtungskorrektur einstellen kannst.
Wenn ich sehe, dass das Bild zu dunkel ist, drehe ich die Korrektur auf +0,3 oder +0,7. Ist es zu hell, passe ich sie entsprechend nach unten an. Das geht fix und spart mir viel Gefummel.
Nicht jede Kamera ist aber gleich. Bei meiner Fujifilm X100VI funktioniert der Mehrfeldmodus nicht so gut wie bei der Sony.
Hier nutze ich den mittenbetonten Modus. Das liegt daran, dass Fujis Algorithmus bei Highlights im Hintergrund schnell aus dem Takt gerät. Mit dem Mittenmodus bekomme ich die Belichtung besser unter Kontrolle, vor allem da mein Motiv in der Regel sowieso zentral ist.
Dann denke ich auch immer daran, wie die Kamera Helligkeit wahrnimmt. Wie wir gelernt haben, steuert sie immer 18 % Grau an.
Das bedeutet, dass helle Szenen wie Schnee zu dunkel und dunkle Szenen wie eine Bühne in der Nacht viel zu hell belichtet werden. In solchen Situationen trickse ich die Kamera aus.
Bei Schnee oder grauem Himmel gebe ich gerne +0,3 oder +0,7 hinzu, damit das Bild heller wird und realistisch aussieht. Denn deine Kamera macht das Bild sonst dunkler, als es sein müsste und sollte.
Bei Nacht gehe ich den umgekehrten Weg: Ich unterbelichte um -1 oder sogar -2. Dadurch bleiben Lichter erhalten und die Atmosphäre wirkt stimmiger. Das ganze Foto sieht eher so aus, wie das, was du auch mit deinen eigenen Augen wahrgenommen hast.
Dieser Ansatz hilft nicht nur, dass meine Bilder realistischer aussehen, sondern ich behalte auch mehr Kontrolle über die Belichtung, ohne ständig die Modi wechseln zu müssen.
Wie du siehst hat deine Kamera also wirklich keine Ahnung wie hell es eigentlich ist. Aber solange wir wissen, wie die Technik funktioniert und wie wir damit umgehen können, ist das kein Problem und wir können problemlos die richtigen Korrekturen vornehmen.