5 Zeichen eines guten Fotografen

 

Ich will mir mit dir einmal anschauen, welche 5 Zeichen eines guten Fotografen es gibt. Sicherlich gibt es noch mehr oder andere.

Aber wenn du dich öfter hinterfragst wie gut du eigentlich bist und nicht so gut einschätzen kannst wo genau du stehst, dann hoffe ich, dass dir diese 5 Punkte etwas weiterhelfen.

 

Die Zeichen eines guten Fotografen

1. Immer auf der Suche nach Motiven

Ein guter Fotograf ist eigentlich immer auf der Suche nach Motiven. Egal, wo er ist oder was er tut – seine Augen sind ständig auf der Jagd nach dem perfekten Bild.

Du kannst mit ihm an einem atemberaubenden Ort stehen, aber er wird dich kaum hören, weil sein Blick durch dich hindurchgeht. Er scannt die Umgebung, sucht nach Licht, Schatten, Spiegelungen oder einem besonderen Moment, der alles andere in den Hintergrund drängt. Selbst im Gespräch ist er eher abwesend, nicht aus Desinteresse, sondern weil er ständig auf die Details um ihn herum achtet.

Das klingt jetzt vielleicht auch negativer als ich es meine. Mir selbst geht es oft genug ja genauso.

Es ist, als hätte man eine innere Kamera, die immer eingeschaltet ist. Selbst wenn man keine echte Kamera dabeihat, sieht man die Welt durch die Linse eines Fotografen. Ein Sonnenuntergang ist nicht nur ein schönes Naturschauspiel, sondern ein Spiel aus Farben und Kontrasten. Ein Spaziergang durch die Stadt wird zur Entdeckungsreise nach ungewöhnlichen Perspektiven, interessanten Lichtflecken oder zufälligen Kompositionen, die nur er bemerkt.

Ich war mit meiner Freundin am Münchner Hauptbahnhof, wo gerade Bauarbeiten stattfanden. Ein Bauarbeiter saß auf seinem Gerüst, und direkt unter ihm war ein Schild mit der Aufschrift „Lounge“. Der Pfeil auf dem Schild zeigte genau auf ihn. Das war so ein Moment den meine Freundin entdeckt hat und den nur ein Fotograf sieht – eine perfekte, fast schon ironische Komposition.

Meine Freundin hat mich darauf aufmerksam gemacht, und ich war sofort fasziniert. Solche kleinen Details fallen dir ständig auf, wenn du ein Fotograf bist. Du siehst die Welt anders, nimmst sie intensiver wahr.

 

2. das Wetter lesen können

Ein guter Fotograf hat nicht nur ein Auge für Motive, sondern auch ein Gespür für das Wetter. Du entwickelst mit der Zeit ein Gefühl dafür, wie sich der Himmel verhält, welche Wolkenformationen interessant sind und wann das Licht perfekt ist.

Es ist, als würdest du eine neue Sprache lernen – die Sprache der Natur. Du beginnst, die Zeichen zu lesen, die das Wetter dir gibt, und kannst immer besser einschätzen, wann sich ein besonderer Moment ergibt.

Sonnenuntergänge sind ein gutes Beispiel. Ich weiß inzwischen, dass die für mich besten Momente manchmal kurz nach dem Untergang der Sonne kommen, wenn das Licht von unten die Wolken anstrahlt. Dieses Phänomen, auch als "Underglow" bekannt, entsteht nur unter bestimmten Bedingungen.

Du brauchst genug Wolken, damit das Licht sie einfangen kann, aber nicht zu viele, sonst verschwindet der Sonnenuntergang komplett. Mit der Zeit lernst du, den Himmel zu beobachten und vorherzusagen, wann diese Bedingungen auftreten können. Du schaust auf die Wettervorhersage und kannst abschätzen, ob sich der Aufwand lohnt. Das heißt nicht, dass du immer richtig liegst, aber deine Wahrscheinlichkeit erhöht sich.

Das gleiche gilt für andere Wetterphänomene. Vielleicht bist du in der Landschaftsfotografie unterwegs und suchst nach nebligen Bedingungen.

Du weißt, bei welchen Temperaturen und Windverhältnissen Nebel entsteht. Du siehst den Himmel und kannst dir vorstellen, wie sich die Atmosphäre im Laufe des Tages verändern wird.

Oder die Storm Chaser in Amerika. Die sich ein Wetterradar anschauen und zuverlässig vorhersagen können, wo ein Wirbelsturm entstehen könnte und weiterziehen wird. Zu wissen, wie sie sich positionieren müssen um sicher zu sein und trotzdem Fotos machen zu können.

Das ist etwas, was du vorher vielleicht nicht beachtet hättest. Bevor ich mit dem Fotografieren anfing, habe ich mich einfach nur über einen schönen Sonnenuntergang gefreut, ohne zu verstehen, warum er so besonders war. Heute kann ich viel besser einschätzen, wann sich ein guter Tag für Fotos anbietet.

Ein guter Fotograf hat also nicht nur technisches Können, sondern auch ein tiefes Verständnis für die Natur und das Wetter. Du lernst, die Zeichen zu deuten und die besten Bedingungen für deine Bilder zu nutzen. Das ist es, was deine Fotos einzigartig macht – du siehst die Welt nicht nur, du verstehst sie.

 

3. Du kennst deine eigene Stimme

„Wenn alle gleich denken, denkt niemand wirklich viel.“ Das ist ein gutes Zitat, erinnert an Schafe, die einfach nur der Herde folgen. Es passt auch auf die Fotografie. Ständig prasseln Bilder auf uns ein – in sozialen Medien, Werbung, Filmen.

Jeden Tag werden Unsummen ausgegeben, um unsere Aufmerksamkeit zu kaufen. Doch wie findest du in diesem Lärm deine eigene Stimme?

Deine Vision zu erkennen, ist wie ein Kampf gegen den Strom. Du siehst Trends, die alle kopieren: dieselben Posen, Filter, Locations. Es ist leicht, davon mitgerissen zu werden. Aber merkst du noch, was du wirklich magst? Oder fotografierst du nur, was gerade „in“ ist?

Ein guter Fotograf stellt sich diese Frage. Er durchbricht das Echo der Algorithmen und hört auf sein Bauchgefühl.

Inspiration von anderen zu nehmen, ist okay. Jeder tut es. Fotografie lebt davon, Ideen weiterzuspinnen. Aber der Unterschied liegt im Warum. Machst du ein Bild, weil es Likes bringt? Oder weil es dich elektrisiert, selbst wenn niemand es je sieht? Deine Stimme erkennst du daran, dass du das Foto auch machen würdest, wenn Instagram morgen verschwindet.

Manchmal frustriert es, wenn jemand deinen Stil kopiert. Ich sehe das aber nicht als Diebstahl oder als etwas negatives. Vielmehr ist es ein Kompliment. Deine Arbeit war gut genug, das andere ihr nacheifern.

Viele wissen außerdem gar nicht, wie sehr sie fremde Ideen nachahmen. Umgekehrt gilt: Je klarer deine eigene Vision ist, desto weniger lässt du dich von außen steuern.

Probiere aus, was dich fesselt – selbst wenn es niemand sonst versteht. Fotografiere Themen, die dich nicht loslassen, auch wenn sie nicht „mainstream“ sind.

Deine Stimme ist kein Zufall. Sie entsteht, wenn du mutig genug bist, deine Echtheit zu zeigen – nicht das, was die Herde erwartet.

 

4. Antizipieren und nicht reagieren

„Antizipieren“ klingt erstmal wie so ein klobiges Fremdwort, oder? Aber im Kern geht es um etwas, das du ständig im Alltag tust.

Stell dir vor, du willst über die Straße gehen. Du schaust nicht nur, ob jetzt ein Auto kommt – du schätzt ein, wie schnell das Auto in fünf Sekunden sein wird. Genau das meint Antizipation in der Fotografie: Vorausdenken, nicht nur reagieren.

In der Streetfotografie ist das offensichtlich. Du siehst eine Person, die auf einen Schatten zuläuft, oder Kinder, die gleich um die Ecke flitzen. Wenn du wartest, bis der „perfekte Moment“ da ist, ist es meist zu spät. Die Szene verpufft, das Licht ändert sich, die Kamera fokussiert nicht schnell genug.

Ein guter Fotograf spürt diese Momente, bevor sie entstehen. Er positioniert sich, stellt Blende und Verschlusszeit ein, als würde er Schach spielen: drei Züge im Voraus.

Doch auch bei Landschaften, die sich scheinbar nicht bewegen, gilt das. Denk an einen Sonnenuntergang. Wenn du erst losziehst, wenn der Himmel rot leuchtet, hast du verloren.

Die meisten Landschaftsfotografen die ich verfolge sind Stunden vor dem Sonnenuntergang an der Location.

Du weißt aber auch: Die Sonne wandert, Schatten werden länger, Wolkenformen verändern die Stimmung. Du baust dein Bild nicht auf, was du siehst, sondern auf dem, was du erwartest. Wie ein Dirigent, der nicht den Takt schlägt, der gerade ist, sondern den, der kommen wird.

Das Geheimnis? Übung und Wissen. Wenn du deine Kamera blind bedienen kannst, ohne über Einstellungen zu stolpern, bleibt dein Kopf frei für die Umgebung.

Du musst nicht mehr fragen: „Wie funktioniert nochmal die Belichtungskorrektur?“ Stattdessen denkst du: „Gleich fällt das Licht durch diese Wolkenlücke – ich muss fünf Schritte nach links.“

Antizipation ist kein Zaubertrick. Es ist die Kunst, die Welt nicht als Standbild, sondern als Film zu sehen – und den nächsten Frame schon im Kopf zu haben.

 

5. Du schaffst es Fotos kritisch zu analysieren

Du hast ein Foto gemacht, das dir gefällt. Vielleicht strahlt das Licht perfekt, oder die Farben springen dich an. Aber weißt du auch, warum es gut ist? Oder ist es nur ein Bauchgefühl?

Ein guter Fotograf geht weiter. Er stellt sich hin und zerlegt sein Bild wie ein Puzzle. Was genau funktioniert hier? Ist es die Art, wie der Schatten auf das Gesicht fällt? Die Linien, die den Blick führen? Oder fehlt etwas, das andere Fotos von dir spannender macht?

Natürlich musst du das nicht bei jeder Aufnahme so bewusst machen. Aber wenn dich jemand danach fragt, dann könntest du es tun.

Früher konnte ich das selbst nicht. Aber ich habe trotzdem gedacht ich habe richtig geile Aufnahmen gemacht. Heute kann ich dir nicht mehr erklären warum, vielleicht weil ich dachte: „Unscharfer Hintergrund = Profi-Bild!“

Heute lache ich darüber. Denn ein verschwommener Hintergrund allein macht noch kein gutes Foto. Es kommt darauf an, wie alles zusammenspielt.

Kritisch zu sein heißt, nicht nur zu fragen: „Mag ich das?“ Sondern: „Welche Entscheidungen habe ich getroffen – und wohin führen sie den Betrachter?“

Nimm dir Zeit, deine Fotos wie ein Fremder zu betrachten. Stell dir vor, du siehst das Bild zum ersten Mal. Was springt dich an? Was stört?

Vielleicht ist die linke Ecke zu leer, oder das Hauptmotiv verschwindet zwischen zu vielen Details. Schreib dir auf, was dir auffällt. Nicht nur die Fehler, auch die Stärken. So lernst du, Muster zu erkennen: „Ah, bei Porträts setze ich manchchmal zu wenig Kontraste ein“ oder „Bei Landschaften nutze ich immer dieselbe Perspektive.“

Und dann der wichtigste Schritt: Frag dich: „Wie könnte ich das noch besser machen?“ Selbst wenn das Foto schon gut ist. Vielleicht braucht es eine andere Tageszeit, an der Location. Oder du probierst aus, ob ein quadratischer Ausschnitt die Spannung erhöht. Kritisch sein heißt nicht, alles schlechtzureden. Es heißt, neugierig zu bleiben.

Manchmal musst du sogar zurückgehen. An denselben Ort, dieselbe Straßenecke – aber mit neuen Augen. Wenn du weißt, was beim letzten Mal nicht funktioniert hat, kannst du es anders angehen. Wie ein Experiment: „Heute warte ich, bis die Sonne tiefer steht“ oder „Ich zoom näher ran, um das Chaos wegzulassen.“

Echte Kritikfähigkeit ist wie ein Muskel. Je mehr du ihn trainierst, desto stärker wird er. Irgendwann spürst du schon beim Auslösen, ob ein Element im Bild stört – oder ob alles passt. Du hörst auf, Fotos nur zu „sammeln“. Du beginnst, Geschichten zu erzählen. Und das ist der Unterschied zwischen einem Schnappschuss und einem Bild, das bleibt.

 

 
Timo Nausch