4 häufige Irrglauben in der Fotografie
Es gibt einige Aussagen, die ich immer wieder in der Fotografie Community höre. Diese sind jedoch manchmal nicht ganz richtig und teilweise sogar völlig falsch.
Wir schauen uns daher an, welche Irrglauben es unter den Fotografen gibt und was eigentlich die Wahrheit ist.
1. Spiegelreflexkameras machen automatisch die besten Fotos
Viele Menschen glauben, dass Spiegelreflexkameras oder teure Kameras automatisch bessere Fotos machen als Smartphones. Dieser Irrglaube hält sich hartnäckig, aber so einfach ist es nicht.
Es stimmt, dass eine DSLR oder eine spiegellose Kamera technische Vorteile bietet, wie zum Beispiel einen größeren Sensor oder die Möglichkeit, mit verschiedenen Objektiven zu arbeiten.
Doch das bedeutet nicht, dass jede Aufnahme mit diesen Kameras besser ist als ein Schnappschuss mit dem Smartphone.
Moderne Smartphones haben unglaublich leistungsstarke Software eingebaut, die die Fotos sofort nach der Aufnahme optimiert. Das bedeutet, dass das Smartphone die Farben anpasst, die Helligkeit ausgleicht und dunkle Bereiche aufhellt, noch bevor du dir das Bild anschaust. Alles passiert blitzschnell und automatisch.
In vielen Situationen sieht ein Foto vom Smartphone deswegen direkt nach der Aufnahme besser aus, ohne dass du selbst irgendetwas tun musst.
Wenn du einfach nur schnell ein gutes Foto haben willst, macht das Smartphone einen großartigen Job.
Aber warum kaufen Menschen dann trotzdem teure Kameras? Der große Vorteil einer Kamera liegt in der Flexibilität und den kreativen Möglichkeiten, die sie bietet.
Wenn du dich mit Fotobearbeitung auskennst oder ein bisschen deine Kreativität ausleben willst, kannst du mit einer DSLR oder spiegellosen Kamera viel mehr aus einem Foto herausholen.
Die größeren Sensoren erfassen mehr Informationen, besonders im sogenannten RAW-Format. Mit diesen Rohdaten hast du bei der Nachbearbeitung viel mehr Freiheiten. Du kannst winzige Details bearbeiten, ohne die Bildqualität zu zerstören.
Auch bei schlechten Lichtverhältnissen haben größere Kameras die Nase vorn. Sie können besser mit wenig Licht umgehen und liefern klarere Fotos.
Außerdem kannst du mit speziellen Objektiven ein schönes, weiches Bokeh erzeugen, also einen verschwommenen Hintergrund, was bei Porträtaufnahmen sehr beliebt ist.
Zusammengefasst: Wenn du gerne kreativ arbeitest und deine Fotos selbst bearbeitest, sind Spiegelreflexkameras eine großartige Wahl.
Für den schnellen Schnappschuss im Alltag ist dein Smartphone aber mindestens genauso gut – und häufig sogar die bessere Wahl.
2. Vollformat Kameras sind das einzig Wahre
Eine Aussage die ich ebenfalls viel zu häufig höre ist, dass nur Vollformatkameras gute Fotos machen können.
Viele glauben, dass ein großer Sensor automatisch bessere Bilder liefert und dass kleinere Sensoren nur für Anfänger oder Hobbyfotografen gedacht sind.
Das ist jedoch nicht die ganze Wahrheit. Es kommt nicht nur auf die Größe des Sensors an, sondern auf viele andere Faktoren.
Natürlich bieten Vollformatkameras einige Vorteile. Sie haben größere Sensoren, die mehr Licht einfangen und dadurch in vielen Situationen eine bessere Bildqualität liefern.
Aber das bedeutet nicht, dass kleinere Kameras mit APS-C-Sensoren oder auch Kompaktkameras nicht in der Lage sind, großartige Fotos zu machen.
Es geht am Ende darum, wie du deine Kamera nutzt und welche Ergebnisse du erzielen willst.
Es gibt auch genügend Profis, die kein Vollformat nutzen. Sie wählen die Kamera, die am besten zu ihrer Arbeit passt. Besonders in der Streetfotografie ist es völlig normal, auch “nur” eine Fujifilm zu haben - und das sind eben auch “nur” APS-C Kameras.
Es geht also weniger um die Größe des Sensors, sondern um die Flexibilität und Benutzerfreundlichkeit der Kamera. Welche Kamera ermöglicht es dir, am schnellsten und einfachsten das gewünschte Ergebnis zu erzielen?
Bleiben wir bei Fujifilm als Beispiel: Diese Marke bietet keine Vollformatkameras an, aber ihre APS-C-Kameras sind unglaublich beliebt, sowohl bei Profis als auch bei Hobbyfotografen.
Ein großer Grund dafür ist die Farbwiedergabe. Mit ihren Film-Simulationen erzeugen sie einen Look, der an alte Filme erinnert.
Das gibt deinen Fotos direkt den gewünschten Stil, ohne dass du viel nachbearbeiten musst. Du bekommst schnell und unkompliziert einen einzigartigen Vintage-Look. Das ist ein einzigartiges Verkaufsargument, und völlig unabhängig vom verbauten Sensor.
Am Ende zählt, wie du die Kamera einsetzt und ob du mit den Ergebnissen zufrieden bist. Die Größe des Sensors ist dabei nur ein Faktor unter vielen.
Wenn du die Ergebnisse bekommst, die du willst, spielt es keine Rolle, ob der Sensor groß oder klein ist.
3. Wer viel Offenblende hat, sollte auch viel Offenblende einsetzen
Wer ein Objektiv mit einer großen Offenblende hast, der will es in der Regel auch immer auf der weitesten Blende verwenden, um das meiste aus deinem Geld herauszuholen. Genau hier liegt aber der Fehler.
Klar, es ist verlockend, mit f/1.4 oder noch größeren Blendenöffnungen zu fotografieren, besonders wenn du diesen schönen unscharfen Hintergrund bekommst, den jeder liebt.
Dieser sogenannte "Bokeh-Effekt" sorgt für tolle Bilder, weil der Hintergrund weich und verschwommen ist, während das Motiv klar hervorsticht.
Aber es gibt auch viele Situationen, in denen es sinnvoll ist, die Blende etwas zu schließen und nicht immer nur auf maximaler Offenblende unterwegs zu sein.
Besonders in der Street- oder Landschaftsfotografie geht es darum, mehr von der Umgebung einzufangen und dem Bild mehr Kontext zu geben.
Wenn du alles unscharf machst, verlierst du wichtige Details, die das Foto aber auch interessanter und ausdrucksstärker machen. Ein Foto sollte eine Geschichte erzählen oder eine Emotion vermitteln – und für manche Situationen ist die maximale Unschärfe nicht die beste Wahl.
Alternativ kannst du auch die Landschaftsfotografie nehmen. Viele Fotografen wollen hier ein durchgängig scharfes Bild haben. Daher fotografieren die meisten Landschaftsfotografen auf Blende f/8 (oder ähnlichen Werten).
Diese Leistung kann dir jedes Kit-Objektiv liefern. Weder brauchst du ein teures Objektiv mit großer Offenblende, noch würdest du diese hier zum Einsatz bringen.
Natürlich gibt es auch Momente, wo die Offenblende genau richtig ist, zum Beispiel in schwachem Licht oder wenn du eine bestimmte Stimmung erzeugen möchtest. Aber du musst nicht immer auf das Maximum setzen.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich am Anfang total begeistert von dem verschwommenen Hintergrund war. Es sah einfach super professionell aus und war viel leichter zu erreichen, als mit der Kamera meines Smartphones.
Aber im Laufe der Zeit habe ich gelernt, dass es sich lohnt, bewusster mit der Blende umzugehen. Denn am Ende sind Objektiv und Kamera Werkzeuge, die du nutzen kannst, um das beste Bild zu machen – und das bedeutet nicht, immer nur die Offenblende zu nutzen.
4. Unwichtige Teile vom Foto sollten weggeschnitten werden
Viel zu häufig höre ich, dass man unwichtige Teile eines Fotos einfach wegschneiden sollte. Aber ich sehe das anders.
Es gibt viele Gründe, warum leere Flächen auf einem Bild wichtig sein können. Diese leeren Bereiche, also der „negative Raum“, geben einem Motiv nämlich auch Luft und Platz.
Sie helfen, dem Bild eine ganz bestimmte Stimmung zu verleihen. Stell dir vor, du hast ein Bild, auf dem eine Landschaft oder eine Person nur einen kleinen Teil des unteren Bereichs einnimmt, und der Rest ist nur Himmel. Dieser Himmel kann auf diesem Weg viel einfacher das Gefühl von Weite und Freiheit vermitteln.
Durch den negativen Raum wird das Hauptmotiv, zum Beispiel eine Person, in der großen Natur plötzlich viel kleiner und wirkt sogar ein wenig verloren. Das erzeugt genau durch diesen negativen Raum also einen ganz besonderen Effekt und Emotion beim Betrachter.
Manchmal wirkt ein Bild durch diesen Raum größer und beeindruckender. Negative Flächen können das Auge des Betrachters lenken und dem Bild mehr Tiefe verleihen.
Es geht nicht immer darum, so viel wie möglich vom Bild zusammenzuschneiden, nur weil es auf den ersten Blick nicht „nützlich“ erscheint.
Wenn du zu viel wegnimmst, kann es passieren, dass das Motiv eingeengt und das Bild „atmosphärelos“ wirkt. Du solltest diesen Raum bewusst einsetzen, um die Wirkung deines Bildes zu verstärken.
Natürlich sollte das Hauptmotiv klar erkennbar sein. Am Ende willst du kein Wimmel- oder Suchbild haben. Aber einfach blind jedes unwichtige Detail wegzuschneiden, zerstört meist eher den Gesamteindruck.
Ich finde, ein gutes Foto lässt auch mal Platz für Interpretationen und gibt dem Bild die Chance, mehr als nur das offensichtliche Hauptmotiv zu zeigen.
Negative Flächen helfen daher, das Hauptmotiv hervorzuheben, ohne es zu erdrücken.
Es ist eine Frage der Balance: Du willst nicht, dass das Motiv in einem „Suchbild“ verloren geht, aber du solltest auch nicht den ganzen Raum entfernen, der deinem Foto Atmosphäre verleiht.