Wird die Bildqualität von Fotografen überschätzt?

 

Wer Reviews zu Kameras oder Objektiven liest, der findet schnell das Wort “Bildqualität”. Auch ich bin da keine Ausnahme und habe es schon oft verwendet.

Aber wie viel macht sie tatsächlich aus und wird sie von den meisten Fotografen überschätzt?

 

Was beeinflusst die Bildqualität?

Kamerarauschen

Ich habe vor kurzem einen tiefen Tauchgang in das Thema Bildrauschen und seine Auswirkungen auf die Bildqualität gemacht.

Bildrauschen, oft einfach als "Rauschen" bezeichnet, entsteht durch eine Vielzahl von Faktoren, die das von der Kamera aufgenommene Signal stören.

Einer der Hauptverursacher ist das thermische Rauschen. Es mag dir bekannt sein, dass Wärme eine bedeutende Rolle beim Entstehen von Bildrauschen spielt.

Wenn du es ausprobieren möchtest, lege deine Kamera in die Sonne und mache dann eine Aufnahme. Du wirst feststellen, dass das Bild mehr Rauschen aufweist als zuvor.

Ein weiterer Faktor ist das sogenannte Shot Noise, das durch die zufällige Verteilung der Photonen auf den Sensor entsteht. Dies führt dazu, dass manche Photodioden mehr Photonen einfangen als andere, was zu einer ungleichmäßigen Lichtmessung und damit zu Rauschen führt.

Nicht zu vergessen sind die Fertigungstoleranzen der Sensoren, die sogenanntes Pattern Noise verursachen. Trotz hochpräziser Herstellungsprozesse können bereits geringe Abweichungen in den Pixelgrößen das Signal beeinträchtigen.

Dazu kommt das Quantisierungsrauschen, das entsteht, wenn analoge Signale in digitale Bits umgewandelt werden. Die Stufen dieser Umwandlung sind nie perfekt gleichmäßig, was zu weiteren Störungen im Bild führt.

All diese Rauschquellen sorgen dafür, dass der Bildsensor selbst unter idealen Bedingungen ein von Rauschen beeinträchtigtes Signal an die Kameraelektronik liefert.

Hier kommt dann aber die Software der Kamerahersteller ins Spiel.

Moderne Kameras nutzen ausgeklügelte Algorithmen, um das Nutzsignal vom Rauschen zu trennen. Diese Algorithmen sind daher streng gehütete Geheimnisse der Hersteller.

Für uns Fotografen ist es wichtig zu verstehen, dass ein gewisses Maß an Rauschen unvermeidlich ist und die Kunst darin besteht, dieses so weit wie möglich zu minimieren und die Bildqualität zu maximieren.

 

Objektivqualität

Jedes Objektiv bietet abhängig von der Qualität seiner Linsen eine bestimmte optische Auflösung.

Diese optische Auflösung ist entscheidend dafür, wie scharf und detailliert deine Bilder ausfallen.

Das ist eine Bezeichnung dafür, wie viele Linien das Objektiv noch getrennt voneinander darstellen kann. Dabei spielen Brennweite und Blende eine große Rolle.

Extremwerte wie eine sehr offene Blende von f1.4 oder extreme Brennweiten verschlechtern die optische Auflösung, besonders in den Randbereichen des Bildes, wo die Schärfe typischerweise nachlässt.

Dann gibt es noch die Verzerrungen, die vor allem bei Weitwinkelobjektiven auffallen. Diese Verzerrungen lassen Linien, die eigentlich gerade sein sollten, zum Rand hin gekrümmt erscheinen.

Doch keine Sorge, solche Abbildungsfehler lassen sich meist mit entsprechender Software am PC korrigieren.

Auch Vignettierungen – also das Dunklerwerden der Bildränder – sind ein häufiges Phänomen, besonders bei offenen Blenden. In hochwertigeren Optiken tritt dieses Problem weniger stark auf.

Interessanterweise wird die Vignettierung manchmal sogar bewusst als stilistisches Mittel in der Porträtfotografie eingesetzt und kann ebenfalls nachträglich in der Bildbearbeitung hinzugefügt werden, um einen gewissen Effekt zu erzielen.

Ein weiteres mögliches Problem sind die chromatischen Aberrationen. Diese zeigen sich durch farbige Ränder an den Konturen zwischen dunklen Motiven und hellem Hintergrund. Besonders auffällig wenn du mit hohem Kontrast fotografierst.

Solche Farbfehler treten vor allem an den Rändern des Bildes auf und sind bei höherer Linsenqualität weniger ausgeprägt.

Außerdem gibt es noch das Phänomen des Front- und Backfokus. Hierbei handelt es sich um eine Ungenauigkeit des Autofokus, der dazu führen kann, dass nicht der eigentlich intendierte Punkt im Bild scharf gestellt wird, sondern ein Bereich davor (Frontfokus) oder dahinter (Backfokus).

So kann es also vorkommen, dass die Qualität des Objektives eigentlich gut ist, aber dein Motiv trotzdem unscharf, weil der Fokus in der Automatik falsch eingestellt ist.

 

Gibt es merkliche Verbesserungen der Bildqualität?

Gerade wenn man viel Zeit auf YouTube verbringt oder sich in Kamera-Shops rumtreibt, bekommt man ja ständig das neueste Equipment präsentiert.

Und das wird oft so verpackt, als könne man ohne die neuste Technik gar keine guten Fotos mehr machen.

Lass mich das gleich mal klarstellen: Wenn du als Profi in der Wildtierfotografie oder im Sportbereich arbeitest, dann sind all die Features wie 1000 AI-Fokuspunkte bei 300 Bildern pro Sekunde natürlich ein Segen.

Aber mal ehrlich, für die meisten von uns sind diese verrückten Funktionen doch ziemlich nutzlos. Was uns wirklich am Herzen liegt, ist die Bildqualität.

Und hier muss ich auch eine unangenehme Wahrheit aussprechen: Die Bildqualität hat sich schon eine ganze Weile nicht mehr wirklich spürbar verbessert.

Neulich habe ich alte Fotos durchgesehen und ein paar Aufnahmen von 2019 bearbeitet, die ich mit meiner damaligen Canon 60D gemacht habe.

Außerdem nutzt meine Freundin die Sony A6700*, die ich mir ab und an mal für ein paar Fotorunden leihe.

Ich habe wirklich versucht, einen Unterschied zu den Fotos zu sehen, die ich ansonsten mit meiner Sony A7III* mache, abgesehen von der höheren Auflösung.

Ich bin ziemlich ehrlich zu dir, ich konnte keinen wirklichen Unterschied feststellen. Sicher, wenn ich jetzt anfangen würde, jedes Pixel genau unter die Lupe zu nehmen, würde ich vielleicht irgendwas finden.

Aber im Großen und Ganzen gibt es da keinen Unterschied.

Die Wahrheit ist, dass die meisten Kameras, die in den letzten zehn Jahren hergestellt wurden, absolut fantastische Bilder liefern können.

Lediglich in absoluten Extremsituationen, zum Beispiel wenn du mitten in der Nacht fotografieren möchtest, merkst du noch den größten Unterschied.

An sich geht es aber viel mehr darum, was du mit der Kamera machst, nicht darum, welche Kamera du hast.

 

Was deine Bilder am meisten beeinflusst

Ich muss ehrlich sein, ich habe auch mal gedacht, dass eine teurere Kamera automatisch bessere Bilder macht. Das ist zu großen Teilen jedoch ein Irrtum.

Denn mal ganz ehrlich, eine hochwertige Kamera zu kaufen ist einfach – man braucht nur eine Kreditkarte. Aber was wirklich zählt, ist das, was du mit der Kamera machst.

Ich finde diesen Spruch eigentlich ganz gut: Du kannst dir bessere Bildqualität kaufen, aber keine bessere Qualität deiner Bilder.

Gute Fotografie erfordert Hingabe, Geduld, Übung und eine starke Arbeitsmoral. Diese Elemente sind es, die ein qualitativ hochwertiges Bild erst möglich machen.

Stell dir vor, du stehst vor der Entscheidung, dein hart verdientes Geld in das neueste Kameramodell zu stecken, weil es vielleicht einen leicht größeren Dynamikumfang verspricht. Aber frage dich selbst: Würde das wirklich die Qualität deiner Bilder verbessern?

Ich habe festgestellt, dass die Erfahrungen, die ich auf Reisen sammle, meine Fähigkeiten viel mehr erweitern als jede technische Spezifikation einer Kamera.

Gerade wenn ich in neuen Städten ankomme habe ich diesen großen Drang, raus zu gehen und meine Umgebung mit meiner Kamera zu erkunden.

Diese praktische Erfahrung ist unbezahlbar und etwas, das keine neue Kamera der Welt ersetzen kann.

Also, das nächste Mal, wenn du das Verlangen spürst, deine Kamera upzugraden, denke darüber nach, ob es nicht klüger wäre, dieses Geld für eine Reise zu sparen, wo du deine Fähigkeiten in der Praxis erweitern kannst.

Glaub mir, die Investition in Erlebnisse und Praxis wird sich in deinen Fotos viel deutlicher zeigen als die neueste Technik.

 

 
Timo Nausch