Wie funktionieren Slow Motion Kameras? Fotograf erklärt
Ich habe mich eine ganze Weile gefragt, wie Slow-Motion Kameras eigentlich funktionieren. Denn damit man etwas in Zeitlupe einfängt, müssen sehr viele Bilder pro Sekunde aufgenommen werden.
Moderne Foto-Kameras kommen hier aber schnell an ihre Grenzen und können meist nur 120fps, maximal 240fps aufnehmen. Also habe ich angefangen mich tiefer in das Thema einzuarbeiten um zu verstehen, wie noch stärkere Slow Motion Effekte erzeugt werden können.
Die Grundlagen: Wie funktioniert Slow Motion?
Slow Motion ist eine Technik, die in der Videografie und Filmproduktion genutzt wird, um Bewegungen verlangsamt und detailliert darzustellen.
Damit das Ganze funktioniert, nimmt die Kamera wesentlich mehr Bilder pro Sekunde (FPS - Frames per Second) auf, als sie normalerweise bei einer Standardwiedergabe tun würde.
Standardmäßig schauen wir Videos in 24 oder 30 FPS, was dem natürlichen Bewegungsfluss entspricht, den wir gewohnt sind.
Aber bei Slow Motion nehmen Kamera aus dem Verbrauchermarkt 60, 120 oder sogar 240 FPS auf. Professionelle Slow-Motion Kameras schaffen teilweise sogar mehrere tausend Bilder pro Sekunde.
Warum das Ganze? Ganz einfach: Wenn du mehr Bilder pro Sekunde aufnimmst, hast du beim Abspielen die Möglichkeit, diese Bilder langsamer abzurufen.
Ein Beispiel: Du filmst mit 120 FPS, aber spielst das Video später in 30 FPS ab. Das bedeutet, dass du jedes Bild, das du aufgenommen hast, viermal langsamer abspielst, als es eigentlich stattgefunden hat.
So sieht das Bild flüssig und verlangsamt aus, weil du einfach mehr Informationen hast, die du in derselben Zeitspanne zeigen kannst.
Durch diesen Effekt entsteht die uns bekannte Zeitlupe - zum Beispiel die Bewegung von Wasser, das in Tropfen zerfällt, oder ein Vogel, der langsam mit den Flügeln schlägt.
Wie genau funktioniert eine Slow-Motion Kamera?
Eine Slow-Motion Kamera hat als Hauptziel, möglichst viele Bilder pro Sekunde aufzunehmen.
Denn je mehr Bilder pro Sekunde entstehen, desto stärkere Slow-Motion Effekte lassen sich erzielen.
Daher nutzt eine solche Kamera auch eine Menge Technik, um die Aufnahmerate und die Datenverarbeitung zu optimieren. Dazu gehören:
Sensor-Technologie
Slow-Motion-Kameras verwenden extrem schnelle Bildsensoren, die in der Lage sind, sehr kurze Belichtungszeiten zu ermöglichen. Diese Sensoren sind um ein vielfaches leistungsstärker als die in Standardkameras verwendeten, was es ihnen erlaubt, Hunderte oder sogar Tausende von Bildern pro Sekunde (fps) zu erfassen.Belichtungszeit:
Die Belichtungszeit muss bei extrem hohen Bildraten sehr kurz sein, um Bewegungsunschärfe zu vermeiden.
Moderne Sensoren können Belichtungszeiten von Bruchteilen einer Millisekunde erreichen. So können sie Licht sehr schnell "einfangen" und sofort das nächste Bild aufnehmen können.Datenverarbeitung:
Das Aufnehmen und Verarbeiten von Hunderten oder Tausenden von Bildern pro Sekunde erzeugt eine enorme Datenmenge. Slow-Motion-Kameras haben spezielle Prozessoren und sehr schnellen Speicher (in Form von Hochgeschwindigkeits-RAM), um diese Daten in Echtzeit zu verarbeiten und zu speichern.Speichersysteme:
Um diese große Menge an Bilddaten zu speichern, benötigen Slow-Motion-Kameras entweder sehr schnelle interne Speicherlösungen oder externe Aufzeichnungssysteme, die in der Lage sind, die Daten ohne Verzögerung zu schreiben. Einige Kameras verwenden daher auch spezielle SSDs oder RAID-Systeme.
Die Sensoren sind auf Effizienz und nicht auf Bildqualität ausgelegt
Was viele nicht wissen: Die Sensoren in diesen Kameras sind auf pure Effizienz ausgelegt, anstatt auf hohe Bildqualität.
Natürlich denkt man bei Slow-Motion-Aufnahmen sofort an gestochen scharfe Videos mit vielen Details, aber die Realität ist anders.
Ein Beispiel ist die Phantom T4040, eine professionelle Slow-Motion-Kamera. Sie schafft es, beeindruckende Bildraten von bis zu 444.440 Bildern pro Sekunde zu erreichen.
Das hört sich erst mal unglaublich an, oder? Aber dabei muss man bedenken, dass die Auflösung bei diesen extrem hohen Bildraten stark sinkt.
Die Kamera muss nämlich die riesige Datenmenge verarbeiten, die bei so vielen Bildern pro Sekunde entsteht, und das in Echtzeit.
Um das zu schaffen, wird die Auflösung (also die Anzahl der aufgenommenen Pixel) reduziert, weil die Kamera sonst überlastet wäre.
Hier ein paar Zahlen, um das besser zu verstehen: Bei einer Auflösung von 2560 x 1664 Pixeln schafft die Phantom T4040 etwa 9.350 Bilder pro Sekunde. Das sind also über 9.000 Bilder in einer Auflösung die besser als “HD” ist.
Die 444.440 Bilder pro Sekunde schafft die Kamera jedoch nur, wenn die Auflösung auf 2560 x 32 Pixel sinkt. Dadurch entsteht ein Bild, das für den normalen Verbraucher unbrauchbar ist und am ehesten in der Wissenschaft Anwendung findet.
Um die Datenmenge weiter zu reduzieren, ist der Wechsel vom Farbbildmodus in einen monochromen Modus eine Option.
Die Kamera nimmt dann nur Helligkeitswerte auf und verzichtet auf Farbinformationen. Dadurch wird die Verarbeitung der Bilder nochmal deutlich schneller, weil die Datenmenge kleiner wird.
Die Bildqualität leidet darunter, aber das ist notwendig, um die unglaublichen Bildraten zu erreichen, die für bestimmte wissenschaftliche und technische Anwendungen gebraucht werden.
Beispielsweise sind solche extrem schnellen Kameras für die Forschung im Labor oder für die Untersuchung von schnellen Bewegungen, wie sie in der Biologie oder Physik vorkommen, essenziell.
Wie viel Speicherplatz wird für Ultra-Slow-Motion benötigt?
Eine Ultra-Slow-Motion Kamera kann tausende Bilder pro Sekunde aufnehmen. Das benötigt eine Menge Speicherplatz. Doch wie viel Speicher braucht eine solche Kamera eigentlich pro Sekunde einer Aufnahme? Ein Rechenbeispiel:
Bei einer 8-Bit Farbtiefe pro Pixel hat jeder Pixel 1 Byte (8 Bit) an Daten:
Anzahl der Pixel: 4 Megapixel = 4.000.000 Pixel
Bytes pro Pixel: 1 Byte
Die Größe eines einzelnen Bildes in Bytes ist dann 4 MB.
Angenommen unsere Kamera kann 9.000 Bilder pro Sekunde aufnehmen:
4 MB * 9.000 Bilder pro Sekunde = 36.000 MB
Eine einzige Sekunde einer Aufnahme mit 9.000 Bildern pro Sekunde benötigt somit 36 GB an Speicherplatz.
Wie funktioniert die Datenverarbeitung einer Slow-Motion Kamera?
Eine Slow Motion Kamera erzeugt extrem große Datenmengen. Daher ist es besonders spannend, wie diese Daten am Ende gespeichert werden.
Anders als man es von gewöhnlichen Kameras gewohnt ist, funktioniert es hier nämlich nicht länger über Speicherkarten und der interne Speicher wird nur noch als “Puffer” verwendet:
RAM-Speicher der Kamera:
Professionelle Slow-Motion-Kameras verfügen in der Regel über eingebauten Hochgeschwindigkeits-RAM (Random Access Memory).
Der RAM ist hierbei viel größer als bei herkömmlichen Kameras. RAM Größen von 64 GB, 128 GB oder 256 GB sind sehr typisch.
Dieser Speicher wird verwendet, um die aufgenommenen Bilder vorübergehend zu speichern, bevor sie auf ein dauerhafteres Speichermedium übertragen werden.
Der RAM in diesen Kameras ist besonders schnell, um die hohen Datenraten in Echtzeit bewältigen zu können.
Da RAM eine viel höhere Schreib- und Lesegeschwindigkeit als herkömmliche Speichergeräte hat, kann es die Daten ohne Verzögerung aufnehmen.
Dadurch kann sichergestellt werden, dass keine Frames verloren gehen und die Aufnahme reibungslos abläuft. Der RAM puffert sozusagen die Daten, um sicherzustellen, dass die Kamera die hohen Frameraten ohne Unterbrechung bewältigen kann.
Sobald die Aufnahmen im RAM gespeichert sind, werden sie entweder auf eine interne SSD (Solid State Drive) oder eine externe Speichereinheit übertragen.
Teilweise Datenverarbeitung im RAM:
In einigen Fällen werden die Daten sogar im RAM vorverarbeitet, z.B. für Kompressionsalgorithmen oder für die Vorbereitung der Daten zur Übertragung über Ethernet. So muss am Ende eine kleinere Datenmenge übertragen werden.Externer Speicher:
Bei professionellen Slow-Motion-Kameras wird häufig ein externer Speicher verwendet, um die Datenmengen zu handhaben. Eine herkömmliche Speicherkarte würde mit diesen Datenmengen nicht mehr klar kommen.
Ein gängiges Speichermedium ist ein Hochgeschwindigkeits-SSD-Array oder ein anderes RAID-System (Redundant Array of Independent Disks), das speziell dafür ausgelegt ist, große Datenmengen schnell und zuverlässig zu speichern.
Ethernet-Verbindung der Kamera:
Viele professionelle Slow-Motion-Kameras verfügen über Ethernet-Anschlüsse, insbesondere Gigabit Ethernet oder noch schnellere Varianten wie 10 Gigabit Ethernet.
Diese Verbindungen werden verwendet, um die aufgenommenen Daten in Echtzeit oder nach der Aufnahme an ein externes Speichersystem oder einen Computer zu übertragen.
Ethernet-Verbindungen sind wesentlich schneller und zuverlässiger als herkömmliche USB- oder SD-Karten-Lösungen. So können die extrem großen Datenmengen ebenfalls schneller verarbeitet werden.
Dauerhafte Datenübertragung:
Die Kamera kann während der Aufnahme kontinuierlich Daten über Ethernet übertragen, um den Speicher auf der Kamera zu entlasten und die Daten direkt an einen externen Server oder Computer zu senden.
Links
https://www.phantomhighspeed.com/products/cameras/tseries/t4040
https://nofilmschool.com/chronos-4k12-high-speed