Timo Nausch

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Warum "schlechte" Fotos deine Fotografie verbessern

Also Fotografen neigen wir dazu, unsere Fotos zu betrachten und direkt zu einem Ergebnis zu kommen. “Diese Aufnahme ist super” oder “Das Foto ist richtig schlecht geworden”.

Aber auch die “schlechten” Fotos sind oftmals besser für deine Fotografie, als du glaubst.

Was meinen wir mit “guten” & “schlechten” Fotos?

Gute und schlechte Fotos – das klingt erstmal ziemlich einfach, oder? Aber wenn du darüber nachdenkst, was das wirklich bedeutet, merkst du, dass „gut“ und „schlecht“ in der Fotografie nicht nur Schwarz und Weiß sind.

Ein „gutes“ Foto ist für viele Fotografen das, was technisch perfekt ist.

Es ist scharf, hat die richtige Belichtung und die Komposition passt – die Augen des Betrachters landen genau dort, wo sie sollen. Farben sehen natürlich aus, das Bild wirkt ausgewogen und alles ist schön klar.

So ein Foto zeigt nicht nur einen Gegenstand, sondern lässt uns fühlen, als stünden wir selbst davor.

Ein „gutes“ Foto verschwindet fast und das Motiv, ob nun eine Person oder ein Objekt, bleibt allein im Fokus. Man könnte sagen, das Bild „funktioniert“.

Auf der anderen Seite gibt’s dann noch die „schlechten“ Fotos – und die sind eher genau das Gegenteil.

Es sind die Fotos, wo das Bild verwackelt ist oder bei dem der Horizont schief hängt. Vielleicht sind die Farben komplett überdreht oder es ist so hell, dass du kaum was erkennen kannst. Oder es gibt diesen krassen Körnungseffekt, der aussieht wie kleine Löcher im Bild.

Oder vielleicht ist das Foto nicht mal technisch „falsch“, aber irgendwas an der Komposition fühlt sich einfach seltsam an, unausgewogen. Oder es passt einfach nicht zu dem, was du dir vorgestellt hast.

Trotzdem kann ein „schlechtes“ Foto manchmal sogar spannender sein als ein „gutes“. Ein bisschen Chaos und Unvollkommenheit lässt dich die Dinge anders sehen.

Das soll jetzt nicht heißen, dass du einfach unscharfe Bilder vom Boden machen und sie als moderne Kunst verkaufen sollst – das ist weder der Punkt noch besonders hilfreich für deine Entwicklung.

Aber für deine persönliche Fotografie, deine Kunst, ist es okay, nicht perfekt zu sein.

Gerade in der künstlerischen Fotografie, also bei Fotos, die nicht für Kunden oder für den Verkauf gemacht werden, kann so ein bisschen Unordnung den Unterschied machen.

Das Hauptproblem von guten Fotos

Viele denken, ein gutes Foto entsteht durch die richtige Einstellung der Kamera – ISO-Wert, Blende, Belichtung. Diese Technik ist sicher wichtig, damit ein Foto überhaupt möglich wird.

Aber diese Einstellungen machen das Bild selbst nicht außergewöhnlich. Sie sind nur Werkzeuge, die du nutzen kannst, aber sie garantieren nicht, dass das Foto interessant oder aussagekräftig wird.

Wenn du Fotos machst, die alle als "gut" oder "nett" beschreiben, klingt das zuerst vielleicht wie ein Lob.

Doch "nett" kann auch einfach bedeuten: angenehm, zufriedenstellend – aber nicht besonders.

Das Problem mit solchen "netten" Fotos liegt darin, dass sie meist den Erwartungen anderer entsprechen, ohne wirklich deine eigene Sicht oder deine Kreativität zu zeigen.

Diese "guten" Fotos entstehen, weil du die üblichen Regeln der Fotografie befolgst: die Drittel-Regel, den Hintergrund unscharf halten, den besten ISO-Wert wählen.

Wenn du all das beachtest, kommst du wahrscheinlich zu einem technisch sehr guten Bild.

Doch was dabei fehlt, ist deine eigene, persönliche Handschrift.

Du machst das, was Millionen andere Fotografen auch machen, und deine Bilder sehen schnell genauso aus wie die aller anderen. Eben “nett”, aber nichts, dass heraussticht.

Ich finde, wenn ich mich zu sehr an diese Regeln halte, verlieren meine Fotos ihren Reiz. Sie sehen dann zwar professionell aus, aber eben auch wie aus einem Lehrbuch.

Ich möchte Fotos machen, die mir selbst wichtig sind und die mich inspirieren. Die Regeln der Fotografie können dir eine Basis geben, aber wenn du ihnen blind folgst, blockierst du deine Kreativität und deine Möglichkeit, etwas Eigenes zu erschaffen.

Ein bisschen Unvollkommenheit oder das bewusste Brechen von Regeln kann manchmal genau das sein, was ein Bild besonders macht. Es geht also nicht nur darum, ein gutes Foto zu machen, sondern ein Bild, das wirklich zeigt, wie du die Welt siehst.

Der Vorteil von schlechten Fotos

Es gibt gute Gründe, schlechte Fotos zu machen, auch wenn das auf den ersten Blick widersprüchlich klingen mag.

1. Kreative Freiheit

Ein "schlechtes" Foto kann dir eine enorme kreative Freiheit geben. Wenn du dir weniger Sorgen darüber machst, ob ein Foto technisch perfekt ist, dann öffnest du dich für deine eigenen Ideen und Gefühle.

Es geht nicht darum, dass jeder Winkel und jede Belichtung exakt stimmt, sondern darum, was du ausdrücken willst.

Diese Freiheit hilft dir, deine Gedanken in den Vordergrund zu stellen, anstatt an Regeln festzuhalten, die dich nur einengen.

2. Einzigartige Blickwinkel

Ein weiterer Vorteil ist, dass "schlechte" Fotos meist mehr von dir zeigen – von dem, was dich einzigartig macht.

Jeder von uns hat eine eigene Sicht auf die Welt, und diese persönliche Note geht verloren, wenn man sich zu sehr an allgemeine Standards hält.

Vielleicht machst du gerne Fotos mit schrägen Winkeln oder unterbelichteten Ecken. Das mag für andere unperfekt sein, aber genau das gibt deinen Bildern Persönlichkeit und hebt sie von anderen ab.

Wenn ich zum Beispiel Porträts aufnehme, mag ich es, manchmal Teile von Personen abzuschneiden oder die Ränder ein bisschen unordentlich wirken zu lassen.

Das widerspricht sicher vielen Fotografie-Regeln, aber ich finde genau darin meinen Stil. Diese "Fehler" sind für mich keine Ablenkung, sondern Teil der Geschichte, die ich erzählen möchte. Sie betonen, dass ich das Bild nicht perfekt plane, sondern etwas Zufälliges, Menschliches einfange.

Schlechte Fotos erinnern dich daran, dass Fotografie nicht immer makellos sein muss, um interessant zu sein.

Wenn du dir Gemälde in Museen ansiehst, wirst du manchmal dicke, sichtbare Pinselstriche und Strukturen erkennen. Diese Unvollkommenheiten machen die Kunst greifbarer.

Genauso können kleine "Fehler" in Fotos die Fotografie als Medium selbst erlebbar machen.

3. Der Spaß rückt in den Vordergrund

Und weißt du was? Es macht Spaß, schlechte Fotos zu machen. Wenn du die Selbstkontrolle loslässt und einfach drauflos knipst, wirst du merken, dass du mehr über deinen Stil und deine Vorlieben herausfindest.

Du hörst auf, nur nach dem perfekten Bild zu suchen, und fängst an, Momente und Gefühle festzuhalten.

Es wird dann auch immer klarer, dass es gar nicht um den "perfekten" Moment geht, sondern um die Emotion, die du einfängst.

Ich erinnere mich an ein Foto, das ich vor ein paar Wochen in Wien gemacht habe. Es ist mit einem alten DDR-Objektiv aufgenommen und ich habe den manuellen Fokus nicht ganz getroffen. Dadurch ist es ein wenig unscharf geworden.

Zuerst war ich enttäuscht, weil das nicht das war, was ich geplant hatte. Aber das Foto ist wirksam. Es fängt trotzdem die Stimmung und den Moment genau so ein, wie ich mir das vorgestellt habe.

Und das obwohl es nicht “technisch korrekt” ist.

Durch solche "Fehler" lernst du, neue Stile auszuprobieren, die du vorher vielleicht gar nicht in Betracht gezogen hast.

Also, lass dich von Regeln nicht zu sehr einschränken. Gib dir die Freiheit, Fehler zu machen und schlechte Fotos zu knipsen – du wirst überrascht sein, wie viel du daraus mitnehmen kannst.

Geh raus und brich ein paar Fotografie “Regeln”

Die Kamera schnappen, rausgehen und ein paar Fotoregeln brechen – klingt spannend, oder?

Ein gutes Beispiel ist, dass die Sonne immer hinter uns sein sollte, damit das Licht gut fällt. Aber ehrlich? Ich finde, dass kann auch zu einer recht langweiligen Belichtung führen.

Positioniere die Sonne doch mal hinter dein Motiv, wenn sie tief steht. So bekommst du ein schönes, weiches Licht und einen dunkleren Hintergrund, der das Motiv richtig hervorhebt.

Dieses sogenannte „Rim Light“ sorgt für eine sanfte Umrandung des Motivs und bringt es richtig zur Geltung.

Dann gibt es die Regel „füll das Bild aus“, aber auch die kannst du getrost links liegen lassen. Wie wäre es stattdessen mit extremen Nahaufnahmen, die Details zeigen, die andere übersehen?

Besonders bei Tieren kann das spannend sein. Oder geh weit raus und zeig nicht nur das Motiv, sondern auch die Umgebung – lass das Motiv einfach Teil der Szenerie sein.

Gerade bei schlechtem Wetter lassen sich damit ganz besondere Stimmungen einfangen, die das Gefühl der Szene verstärken.

Jetzt kommt ein weiterer Klassiker, den man mal getrost ignorieren kann: „Mach nur Fotos, wenn alles perfekt ist.“ Blödsinn.

In der digitalen Fotografie sind Bilder kostenlos. Also drück einfach so oft ab, wie du magst, wenn gerade etwas vor der Linse passiert.

Sei wie Forrest Gump und probiere einfach, du weißt ja nie, was am Ende rauskommt. Wenn du später durch die Bilder scrollst, wirst du überrascht sein – das ist, als würdest du Geschenke auspacken.

Dabei entstehen manchmal die spannendsten Schnappschüsse, die du vorher nicht geplant hattest.

Ein Punkt, den du beim Fotografieren auch nicht vergessen darfst, ist Mut. Das bedeutet, den Mut zu haben, Bilder zu machen, die vielleicht nicht jeder toll findet.

Wenn du etwas Einzigartiges erschaffst, verlässt du den sicheren Bereich der netten und „schönen“ Fotos, aber das ist auch gut so.

Große Künstler haben regelmäßig die Grenzen des Gewohnten überschritten, und das kannst du auch.

Wer immer nur „schöne“ Fotos machen will, bleibt in einem engen Rahmen gefangen, der wenig Raum für Kreativität lässt.

Und jetzt zum Punkt, an dem du weißt, dass du dich wirklich weiterentwickelt hast: Wenn Menschen deine Fotos anschauen und sagen können, dass sie von dir sind, bevor sie deinen Namen sehen, dann hast du es geschafft.

Oder wenn jemand dir sagt: „Ich liebe deine Arbeit.“ Das bedeutet, dass du einen eigenen Stil entwickelt hast, eine Sammlung von Fotos, die zusammenpassen und deine Handschrift tragen.

Das ist der Moment, in dem du erkennst, dass du nicht mehr nur „schöne“ Fotos machst, sondern etwas ganz Eigenes und Einzigartiges.

Also, geh raus und zeig der Welt, was du kannst. Mach Fehler, experimentiere, probiere Neues aus und lass dich nicht von Regeln einschränken. Nur so findest du deinen eigenen Stil und kannst Fotos machen, die mehr sind als nur „nett“.


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