Timo Nausch

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Warum ich mir spezielle Fotografie-Übüngsplätze gesucht habe

Fotografie Übungsplatz. Seltsames Wort, oder? Was genau meine ich damit? Und warum habe ich mir meinen eigenen Fotografie Übüngsplatz für die Streetfotografie in München gesucht?

Was genau verstehe ich unter einem Fotografie Übungsplatz?

Ein Fotografie-Übungsplatz muss kein magischer Ort mit den perfekten Bedingungen sein. Es ist einfach ein Platz, den ich regelmäßig besuche, um zu üben – immer wieder.

Stell dir vor, du hast einen Ort, an dem du experimentieren kannst, ohne Druck. Hier geht es nicht darum, das eine perfekte Foto zu schießen, sondern darum, auszuprobieren, zu scheitern, besser zu werden und deinen eigenen Stil zu entdecken.

Was machst du dort konkret? Du spielst mit Perspektiven: Mal machst du ein tiefes, bodennahes Foto, mal findest du eine kleine Erhöhung, aber immer mit dem Ziel, einen neuen Blickwinkel zu finden.

Du testest, wie sich die Stimmung ändert, wenn du bei Sonnenaufgang statt Mittagssonne fotografierst. Oder du übst, wie du mit Schatten umgehst, wenn Wolken über den Himmel ziehen. Dann wiederum nimmst du vielleicht völlig ungewohnte Objektive und Brennweiten mit, um dich zu zwingen etwas ungewöhnliches zu fotografieren.

Der Clue: Du siehst mit der Zeit, wie du dich veränderst. Vor einem Jahr hast du vielleicht noch jedes Foto knallhart nachbearbeitet, heute magst du natürliche Farben lieber. Oder andersherum.

Du entdeckst, dass du im Winter ganz automatisch nach Kontrasten suchst – kahle Äste gegen grauen Himmel –, während du im Sommer das satte Grün der Blätter in den Vordergrund rückst. Gleichzeitig verändert sich auch der Ort selbst: Im Frühling blüht das Unkraut an der alten Fabrikmauer, im Herbst liegt Laub auf dem verlassenen Spielplatz, und plötzlich wirken Motive, die du früher langweilig fandest, interessant.

Das Spannende ist: Wenn ich immer wieder an denselben Ort zurückkehre, lerne ich ihn richtig kennen. Ich weiß, wo morgens das Licht streift, wenn Nebel aufsteigt. Ich kenne die Ecke, die bei Regen Spiegelungen bildet, oder den Baum, der im Gegenlicht wie ein Schattenriss wirkt. Dadurch entwickle ich nicht nur technische Skills, sondern auch ein Gefühl dafür, wie ich mit dem arbeite, was da ist – selbst an einem unscheinbaren Ort.

Und genau das ist der Punkt: Ein Übungsplatz zwingt mich, kreativ zu werden, ohne auf spektakuläre Locations angewiesen zu sein. Ich lerne, das Besondere im Alltäglichen zu sehen. Und wenn ich später meine Fotos vergleiche, sehe ich nicht nur, wie der Ort sich über die Jahreszeiten wandelt, sondern vor allem, wie meine eigene Handschrift wächst.

Mit der Zeit merke ich aber auch: Meine Bilder von heute erzählen eine andere Geschichte als die von vor einem Jahr – nicht weil die Location anders ist, sondern weil ich mich verändert habe.

Welche Eigenschaften hat ein guter Fotografie Übungsplatz?

Aber was macht einen guten Fotografie-Übungsplatz aus? Worauf kommt es mir bei der Auswahl meiner Ort an?

Zuerst muss der Ort leicht erreichbar sein. Egal, ob du mit dem Auto, Bus oder Fahrrad unterwegs bist: Du willst nicht stundenlang reisen, um überhaupt anzukommen. Meine Spots sind maximal 5 Minuten von den Haltestellen der Öffis entfernt. Alternativ kannst du auch überlegen wo du mit dem Auto so hinkommst.

Kein Stress, keine Ausreden. Ich verstehe aber auch, dass du vielleicht noch Arbeiten musst oder Familie hast und dann zählt jede Minute. Da hast du eventuell keine Zeit um 30min irgendwohin zu fahren. In solchen Fällen suchst du dir dann einfach etwas, das in deinem persönlichen zeitlich managbaren Umkreis liegt.

Wichtig ist auch, dass der Platz vielfältig ist. Such dir eine Location, die im Laufe des Jahres ihr Gesicht ändert. Bäume, die im Herbst bunt werden, Menschen, die im Sommer andere Kleidung tragen, oder Schnee, der im Winter alles verzaubert. So kannst du Fotos aufnehmen, die auch wirklich über die Zeit anders aussehen. Eine graue Hauswand sieht im Sommer wie Winter ähnlich grau aus.

Passend dazu: Der Ort muss zu deinem Fotostil passen. Liebst du ruhige Naturmotive? Dann bringt dir ein belebter Stadtplatz wenig. Bist du dagegen ein Streetfotografie-Fan? Such dir eine Ecke mit Menschen, Läden und Bewegung. Ich mag ein gewisses Maß an Abstraktheit und arbeite gern mit Lichtkontrasten. Daher habe ich mir auch Orte gesucht, an denen guter Lichteinfall ist und sich die Lichtbedingungen über das Jahr verändern.

Und vergiss nicht: Ein guter Übungsplatz muss dir Spaß machen. Wenn du dich dort wohlfühlst, bleibst du länger, probierst mehr aus und siehst Fortschritte. Egal, ob du nur 10 Minuten oder drei Stunden Zeit hast – der Ort sollte dich motivieren, die Kamera immer wieder auszupacken.

Ein konkretes Beispiel: Meine Trainingsorte in München

An einem konkreten Beispiel wird das konzept vielleicht deutlicher: Meine Trainingsorte in München sind zeitgleich auch meine Lieblingsplätze - der Hofgarten & der Viktualienmarkt.

Der Viktualienmarkt ist ein lebendiger Ort, der sich ständig verändert. Du kannst ihn schnell erreichen, wenn du mit der S-Bahn zum Marienplatz fährst. Von dort sind es nur zwei Minuten zu Fuß.

Der Markt ist ein offener Platz, voll mit Marktständen, die interessante Schatten und Lichtspiele erzeugen. Morgens, mittags und abends wirkt der Ort ganz anders, weil das Licht sich im Laufe des Tages verändert. Im Sommer ist der Markt voller Leben, mit einem Biergarten und Menschen in leichter Kleidung. Im Winter hingegen ist die Stimmung ruhiger, mit Heizstrahlern und dick eingepackten Besuchern.

Diese Unterschiede machen den Viktualienmarkt zu einem spannenden Ort, um das ganze Jahr über zu fotografieren.

Der Hofgarten liegt direkt an der U-Bahn-Haltestelle Odeonsplatz und ist ein Ort der Ruhe und Architektur. Der Park hat eine besondere Atmosphäre, vor allem durch die Bogenstrukturen, die interessante Schatten und Silhouetten erzeugen.

Im Sommer liegt hier alles im Sonnenlicht, und die Leute genießen das gute Wetter, lesen Bücher oder machen Picknicks. Im Winter ist es ruhiger, und an kalten Tagen wirkt der Hofgarten fast verlassen. Das macht es schwieriger, gute Fotos zu machen, aber auch das ist eine Herausforderung, die ich gerne annehme. An milderen Wintertagen findest du immer noch Spaziergänger, die interessante Motive bieten.

Für mich ist es spannend, zu sehen, wie sich meine Fotos über die Jahre entwickeln. Im Winter fällt es mir besonders schwer, im Hofgarten gute Aufnahmen zu machen, aber genau das treibt mich an.

Ich möchte irgendwann zurückblicken und sagen können: „Hier habe ich mich verbessert.“ Vielleicht gelingt es mir eines Tages, ein wirklich beeindruckendes Winterfoto zu schießen. Dann kann ich analysieren, was ich anders gemacht habe als in den Jahren zuvor, und daraus lernen. Diese Erfahrungen helfen mir dann hoffentlich nicht nur an diesen Orten, sondern auch in anderen Situationen.

Daher sind diese beiden Plätze in München meine Trainingsorte, an denen ich mich selbst herausfordere und meine Fähigkeiten verbessere. Jeder Besuch ist abwechslungsreich, ich habe eine große Auswahl an Motiven und bekomme neue Erkenntnisse die mir zeigen, wie viel ich noch lernen kann.

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