Timo Nausch

View Original

Warum der eigene Fotografie Stil ein Mythos ist [Erfahrungsbericht]

Viel zu häufig finde ich Videos oder Blogbeiträge mit dem Titel: “Wie man seinen eigenen Fotografie Stil findet”.

Aus meiner Sicht sind dieser aber überwiegend sinnlos und nicht hilfreich. Denn aus meiner eigenen Erfahrung ist der “Fotografie Stil”, so wie er von den meisten Fotografen beschrieben wird, nur ein unerreichbarer Mythos.

Deshalb will ich dir hier zeigen, wie ich mit diesem Thema umgehe.

Was genau versteht man unter dem Begriff “Fotografie Stil”

Ein Fotografie-Stil ist im Grunde genommen einfach die Art und Weise, wie du deine Fotos machst.

Es geht um die Auswahl deiner Motive, die Farben, die du gerne in deinen Fotos zeigst, die Perspektiven, die du einsetzt, und die Ideen, die du in deinen Bildern umsetzt.

Dein Stil zeigt, wie du die Welt siehst und wie du diese Sichtweise durch deine Kamera ausdrückst.

Es ist also eine Art, deine Persönlichkeit und deine künstlerischen Vorlieben in deinen Fotos wiederzugeben.

Man könnte sagen, dein Stil entsteht, wenn du immer wieder ähnliche Entscheidungen triffst – sei es bewusst oder unbewusst.

Vielleicht magst du es, Landschaften in kräftigen Farben aufzunehmen oder Porträts in Schwarz-Weiß. Vielleicht ziehst du es vor, im Hochformat zu fotografieren, oder du liebst es, kleine Details in deinen Bildern hervorzuheben.

All diese wiederkehrenden Merkmale sind das, was deinen Stil ausmacht.

Einfacher kann man es vielleicht an Beispiel von anderen Künstlern machen:

Du kennst vielleicht die “Hundertwasser Häuser”. Wenn du diesen Namen hörst, denkst du wahrscheinlich direkt an die bunten Häuser mit dem farbenfrohen Muster.

Dies ist ein Stil, für den sich der Künstler irgendwann einmal entschieden hat. Und über die Zeit ist dieser so ikonisch geworden, dass fast jeder den Namen “Hundertwasser” kennt und weiß, was er erwarten kann.

Warum wollen so viele Fotografen einen Fotografie Stil haben?

Viele Fotografen träumen davon, ihren eigenen Fotografie-Stil zu haben. Ich verstehe das gut, denn der Wunsch nach Wiedererkennung ist stark.

Es fühlt sich besonders an, wenn man sich vorstellt, dass jemand deine Bilder ansieht und sofort erkennt, dass sie von dir stammen. Das gibt deinen Bildern eine besondere Bedeutung und verbindet deine Arbeit direkt mit dir als Künstler.

Viele reden darüber, wie wichtig es ist, einen eigenen Stil zu entwickeln. Gerade in den sozialen Medien ist dieses Thema gefühlt sehr dominant.

Der Druck, einen eigenen Stil zu haben, kommt daher nicht nur von innen, sondern auch von außen.

Du hörst immer wieder, dass du ein homogenes Portfolio haben sollst, dass dein Instagram-Feed einheitlich aussehen muss, und dass ein unverwechselbarer Stil dich von der Masse abhebt.

All diese Ratschläge scheinen zu sagen: "Ohne einen eigenen Stil machst du etwas falsch."

Aber ist es wirklich so? Klar, für einen professionellen Fotografen ist es hilfreich, ein homogenes Portfolio zu zeigen. Es gibt potenziellen Kunden eine klare Vorstellung davon, was sie erwarten können, und das schafft Vertrauen.

Aber ich glaube, dass dieser Ratschlag sehr häufig völlig übertrieben wird.

Besonders für Anfänger und Hobbyfotografen, die erst seit kurzem eine Kamera in der Hand halten, ist die Frage doch angebracht, wie viel ein eigener Stil hier überhaupt hilft?

Gerade am Anfang geht es darum, Spaß zu haben, zu experimentieren, und einfach Fotos zu machen, die dir gefallen.

Du musst nicht sofort wissen, was dein Stil ist, und es ist auch okay, wenn du ihn erst viel später findest – oder sogar nie.

Warum der eigene Fotografie Stil meiner Erfahrung nach ein Mythos ist

Man hört immer wieder, dass ein eigener Stil das Ziel jedes Fotografen sein sollte, sozusagen das Markenzeichen, das einen von anderen unterscheidet. Aus meiner Erfahrung ist dieser Gedanke jedoch ein Mythos, der mehr schadet als nützt.

Warum? Weil sich zum Beispiel Interessen ständig verändern.

Was mir heute in der Fotografie wichtig ist, könnte morgen schon uninteressant sein.

Früher habe ich mich als Streetfotograf vor allem auf Menschen in meinen Fotos konzentriert, weil ich dachte, das sei der Kern der Straßenfotografie. Doch im Laufe der Zeit habe ich gemerkt, dass mich das nicht mehr so stark reizt.

Stattdessen faszinieren mich jetzt mehr die Formen und Muster, die das Licht auf die Straße malt. Es geht weniger um die Menschen und mehr um die Szene, die durch Licht und Schatten geschaffen wird.

Wenn ein Mensch durch diese Szene läuft ist das auch ein netter Bonus, aber für mich nicht mehr vollends entscheidend ob ich das Foto mache oder nicht.

Das heißt aber auch, mein Interesse hat sich verschoben und damit auch mein „Stil“.

Es ist leicht, sich in die Ecke drängen zu lassen und zu denken, dass man immer dieselben Fotos machen muss, um seinem Stil treu zu bleiben.

Aber das ist genau das Problem: Man limitiert sich selbst, man wiederholt sich ständig.

Wenn ich mich auf den Gedanken versteifen würde, dass ich nur Straßenfotografie mit Menschen machen darf, dann würde ich viele andere spannende Möglichkeiten verpassen.

Vielleicht habe ich in ein paar Jahren auch gar keine Lust mehr auf Straßenfotografie und möchte lieber Landschaften fotografieren. Wer weiß?

Das Wichtigste ist doch, dass man seinen Interessen folgt und nicht in einem starren Stil gefangen bleibt.

Genauso ist es bei der Bildbearbeitung. Vor einigen Jahren war es total angesagt, Nachtaufnahmen zu machen, und sie in einem künstlichen Blau-Neon-Look zu bearbeiten.

Damals habe ich meine Bilder genauso bearbeitet, weil es dem Trend entsprach und mir gefiel. Heute empfinde ich das als übertrieben und unrealistisch.

Mein Bearbeitungsstil ist jetzt viel sanfter, natürlicher. Wenn ich meinen alten Stil beibehalten würde, nur weil es mein „Markenzeichen“ ist, würde ich mich selbst betrügen.

Denn was mir früher gefallen hat, gefällt mir heute nicht mehr. Es ist also nur logisch, dass sich mein Bearbeitungsstil ändert – und damit auch mein „Stil“.

Ein weiterer Punkt ist die äußere Beeinflussung. Jeder Fotograf wird von seiner Umgebung, seinen Vorbildern und den Trends beeinflusst, auch wenn er es nicht zugeben will.

Ich habe früher Fotografen bewundert und Dinge fotografiert, die mich heute nicht mehr interessieren. Meine Inspirationen haben sich verändert, und damit auch mein fotografisches Auge.

Es ist unmöglich, dass ein Stil über Jahre hinweg unverändert bleibt, weil sich das Leben selbst verändert.

Wenn du also versuchst, krampfhaft an einem bestimmten Stil festzuhalten, beschränkst du dich selbst und nimmst dir die Freude am Fotografieren.

Das Wichtigste ist, dass du deinem eigenen Gefühl folgst und das fotografierst, was dir gerade Freude bereitet. Dein Stil wird sich automatisch entwickeln, wenn du ehrlich zu dir selbst bist und das tust, was dir in dem Moment richtig erscheint.

Der eigene Fotografie-Stil, wie er häufig beschrieben wird, ist aus meiner Sicht unerreichbar, weil er zu starr ist.

Kreativität bedeutet Veränderung und Weiterentwicklung. Ein fester Stil passt nicht zu dieser Dynamik.

Deshalb ist es für mich nicht sinnvoll, den eigenen Stil als etwas Unveränderliches zu betrachten.

Viel wichtiger ist es, offen für Veränderungen zu bleiben und sich von seinen eigenen Interessen leiten zu lassen. Nur so bleibt die Fotografie spannend und erfüllend.


See this gallery in the original post