Weshalb Fotografen immer nach dem "Warum" fragen sollten
Wenn ich heute über meine Kindheit nachdenke, fällt mir auf, wie sehr mich meine Mutter dazu ermutigt hat, immer nach dem „Warum“ zu fragen.
Egal, ob ich etwas tat oder jemand mich etwas tun ließ – das Warum war entscheidend.
Diese Angewohnheit, immer eine Begründung zu suchen, hat mich mein ganzes Leben lang begleitet und sich als äußerst wertvoll erwiesen, auch wenn es manche Lehrer und Vorgesetzte sicher oft in den Wahnsinn getrieben hat.
Warum ist das Warum wichtig?
Aber warum ist das Warum eigentlich so wichtig, besonders in der Fotografie?
Ich habe über die Zeit folgendes festgestellt: Wenn du verstehst, weshalb du etwas machst, dann kannst du viel besser das Ergebnis steuern. Du kannst zielgerichteter agieren, weil du weißt, wie das Endprodukt aussieht.
Wenn du das nächste Mal deine Kamera in die Hand nimmst, frage dich selbst: Warum mache ich dieses Bild?
Suchst du nach einer bestimmten Stimmung oder Emotion? Willst du eine Geschichte erzählen oder eine vergessene Perspektive beleuchten?
Dieses Warum führt zu bewussteren und aussagekräftigeren Fotos.
Außerdem beginnst du dadurch, deine Motive genau zu analysieren. Du wirst anfangen, nicht nur zu sehen, sondern auch zu interpretieren.
Dies verändert deine Sichtweise und lässt dich über den offensichtlichen Rahmen hinausdenken. Es eröffnet neue kreative Wege und führt insgesamt zu besseren Bildern - auch wenn nicht auf magische Weise jedes deiner Fotos super gut wird.
Dieses ständige Hinterfragen hilft außerdem dabei, deinen eigenen Stil zu entwickeln und zu verfeinern.
Es zwingt dich, über den Tellerrand hinaus zu denken und vielleicht sogar fotografische Techniken zu erforschen, die du sonst nicht in Betracht gezogen hättest.
Sei dir über dein Ziel bewusst
Einer der wichtigsten Aspekte ist es, sich über die eigenen Ziele in der Fotografie bewusst zu sein.
Warum habe ich die Kamera zum ersten Mal in die Hand genommen? Warum zieht es mich immer wieder dazu, bestimmte Szenen und Momente festzuhalten? Und warum habe ich spezifische Träume und Ziele in der Fotografie?
Diese Fragen nach dem "Warum" sind mehr als nur philosophische Gedankenspiele. Sie dringen zum Kern dessen vor, was uns antreibt.
Als Fotografen ist es wichtig, dass wir unsere Motivationen verstehen, denn sie beeinflussen jede Entscheidung, die wir treffen.
Sie formen die Art, wie wir die Welt sehen und wie wir unsere Geschichten durch Bilder erzählen.
Lass mich dir etwas sagen: Es gibt kein Richtig oder Falsch bei der Beantwortung dieser Fragen. Du musst vor allem ehrlich zu dir selbst sein.
Wenn du fotografierst, um eine große Anhängerschaft aufzubauen, ist das völlig in Ordnung. Wenn dein Hauptziel darin besteht, mit deiner Fotografie Geld zu verdienen, ist auch das vollkommen legitim.
Und wenn du fotografierst, um dich von deinem Alltagsjob zu entspannen, ist das ebenso großartig.
Wenn du dir deines Ziels bewusst bist, wird alles andere einfacher.
Dieses klare Verständnis deiner Ausgangspunkte erleichtert es, Entscheidungen zu treffen, die wirklich zu deinen wahren Werten und Zielen passen.
Es wird dich unweigerlich weiterbringen und deiner Arbeit eine tiefere Bedeutung und Richtung geben.
Natürlich kann und wird sich dein „Warum“ im Laufe der Zeit wahrscheinlich ändern. Das ist ein natürlicher Teil des Wachstums und der Entwicklung in jedem kreativen Feld.
Deshalb ist es wichtig, dass du dir von Zeit zu Zeit diese grundlegende Frage stellst: Warum mache ich das eigentlich?
Bei mir war es am Anfang lediglich der Wunsch, meine eigenen Wände nicht mit den Bildern anderer, sondern mit den eigenen Fotos von tollen Urlaubstripps oder Momenten zu schmücken.
Erst über die Zeit hat sich eine Liebe für die Streetfotografie bei mir entwickelt und ich immer mehr den Wunsch gehabt, einfach meine Umgebung dokumentieren zu wollen.
Aber wenigstens kenne ich mein “Warum”, wenn ich unterwegs bin. Wenn ich weiß, dass mein Ziel die Dokumentation ist, dann muss ich mich auch nicht schämen, wenn ich eine schöne Tür sehe, die ich fotografieren will.
Hat dieses Bild eine Geschichte? Nicht wirklich. Fand ich die Tür schön und erinnert sie mich an meine regelmäßigen Morgenspaziergänge als ich in Madrid war? Ja!
Somit hat das Bild für mich eine Berechtigung zu existieren und es ist mir recht egal, was andere von dem Foto halten.
Passen dein Warum und deine Handlungen überein?
Das Beispiel von oben kannst du auch ganz einfach auf dich selbst übertragen, solange du die Frage nach dem Warum stellst.
Und dann kannst du schauen, ob deine Handlungen mit deinem eigentlichen Ziel zusammen passen.
Nehmen wir an, dein Hauptgrund zu fotografieren ist es, von deinem Alltagsjob abzuschalten.
In diesem Fall wird die Art und Weise, wie du die Fotografie angehst, die Ausrüstung, die du kaufst, und die Erfahrungen, die du suchst, sich wahrscheinlich stark von denen unterscheiden, die eine Karriere in diesem Handwerk anstreben.
Für dich könnte es wichtiger sein, leichte und einfach zu bedienende Ausrüstung zu wählen, statt in hochspezialisiertes Profiequipment zu investieren.
Denn im Kern geht es dir ja eher darum, einfach mit deiner Kamera raus zu gehen und vom sonstigen Stress abzuschalten - und nicht noch mehr Stress wegen deiner Kamera zu haben.
Wenn du hingegen eine große Anhängerschaft aufbauen möchtest, sind wahrscheinlich Aspekte wie Metriken, Engagement und das Verfolgen von Online-Trends eher relevant.
Solltest du jedoch fotografieren, um zu entspannen, dann ist das Letzte, was du tun möchtest, ständig Social-Media-Analysen zu betreiben.
Und wenn du als freiberuflicher Fotograf Fuß fassen möchtest, ist es wichtig, in einer Nische zu arbeiten und einen erkennbaren Stil zu entwickeln.
Aber wenn du nur zum Spaß fotografierst, dann spielen all diese Dinge keine große Rolle.
Die Überprüfung, ob dein „Warum“ und deine Handlungen übereinstimmen, kann fünf Minuten oder fünf Jahre dauern. Wichtig ist, dass du dir diese Frage stellst.
Solange du dir immer wieder klar machst, warum du tust, was du tust, bleibst du auf einem Pfad, der wirklich zu dir passt.
Versuche “seelenlose” Fotografie zu vermeiden
Es gibt Fotos die äußerlich ansprechend, ja sogar technisch perfekt sind, aber denen trotzdem irgendwie etwas fehlt. Warum? Sie schienen ohne tieferen Sinn oder Gefühl aufgenommen zu sein.
Stell dir vor, du gehst mit einer jungen Frau in den Wald und machst ein paar Portraits. Technisch gesehen sind die Aufnahmen einwandfrei – die Beleuchtung, Bildaufbau, alles stimmte. Aber fehlt vielleicht auch etwas?
Was war der Zweck dieser Bilder? Wollten sie einfach nur die Schönheit der Frau oder die des Waldes festhalten? Oder war es ein Übungslauf für den Fotografen, um in der schwierigen Beleuchtung des Waldes zu arbeiten?
Die Antwort hängt stark von dem Warum ab! Eine schlechte Antwort wäre zum Beispiel, weil du weißt, dass diese Bilder gut auf Social Media performen. Außer natürlich, du möchtest ein bekannter Portrait Fotograf auf Social Media werden.
Vielleicht hast du aber auch ein kommendes kommerzielles Shooting an derselben Stelle und hast versucht, die Location zu scouten. So hast du dann weniger Stress bei deinem richtigen Shooting Termin.
Wie du siehst, je nachdem, was das Warum war, lässt sich die Aufnahme in einem positiveren oder negativeren Licht darstellen.
Die Gefahr, die ich sehe, liegt darin, dass wir als Fotografen manchmal zu sehr darauf fokussiert sind, äußerlich beeindruckende Bilder zu schaffen, die in Wettbewerben gewinnen oder auf sozialen Medien gut ankommen.
Doch was bleibt, wenn der erste Eindruck verfliegt? Was bleibt, ist oft eine Leere, ein Mangel an emotionaler Resonanz.
Daher glaube ich, dass wir als Fotografen immer das Warum hinter unseren Bildern hinterfragen sollten.
Suchen wir nach echten Emotionen, nach Geschichten, die es wert sind, erzählt zu werden, und lassen wir unsere Bilder mehr als nur visuell ansprechend sein.
Egal wie deine Antwort aussieht, es gibt kein richtig oder falsch und ich will niemandem vorschreiben was er fotografieren soll und was nicht.
Es ist nur immer gut, eine Antwort auf die Frage nach dem Warum zu haben, die am besten zu dein eigenen Zielen passt!