Timo Nausch

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Die verschiedenen Ebenen eines guten Streetfotos

Was macht ein gutes Streetfoto zu einem solchen guten Bild? Vor allem verschiedene Ebenen die miteinander interagieren und zu etwas Einzigartigem werden. Das schauen wir uns hier genauer an!

Warum braucht ein gutes Streetfoto verschiedene Ebenen?

Ein gutes Streetfoto besteht aus meiner Sicht aus verschiedenen Ebenen, weil diese das Bild interessanter und eindrucksvoller machen.

Wenn du mit der Kamera durch die Straßen gehst, entdeckst du sicherlich öfter eine Szene, die sofort deine Aufmerksamkeit erregt. Doch das alleine reicht meistens nicht aus, um ein wirklich starkes Bild zu schaffen.

Was ein Foto wirklich auszeichnet, sind die zusätzlichen Ebenen, die du in miteinander verbindest.

Diese Ebenen vertiefen die Geschichte des Bildes, geben dem Betrachter mehr zu entdecken und das Bild wirkt insgesamt einfach lebendiger.

Wenn ich darüber nachdenke, was ein Streetfoto gut macht, dann geht es nicht nur um das Hauptmotiv, das mir ins Auge springt. Es geht auch um die Details im Hintergrund, die Beleuchtung, die Interaktion zwischen Menschen, die Bewegungen und all die anderen kleinen Details des Fotos.

All diese Elemente zusammen bilden die Ebenen, von denen ich spreche.

Ein Bild ohne diese zusätzlichen Ebenen wirkt meist eher flach und langweilig, während ein Bild mit mehreren Ebenen den Betrachter in seinen Bann zieht und ihn dazu bringt, sich länger mit dem Foto zu beschäftigen.

Die verschiedenen Ebenen eines guten Streetfotos

1. Der allgemeine Bildaufbau und Elemente des Fotos

Der Bildaufbau spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, ein wirklich gutes Streetfoto zu machen. Hier geht es vor allem darum, deine technischen Fähigkeiten mit dem kreativen Auge zu verbinden.

Aspekte wie Belichtung, Licht und Schatten, spannende Farben und ausgewogene Kompositionen gehören dazu.

Diese ästhetische Ebene gibt dem Bild eine solide Grundlage und macht es visuell ansprechend.

Wenn ich auf Youtube Fotos teile, übe ich meist genau diese Aspekte. Viele meiner Bilder, die ich dort poste, sind Beispiele für diese ästhetische Ebene.

Doch obwohl diese Bilder gut aussehen, sehe ich sie nicht als endgültige Meisterwerke. Sie sind eher eine Art „visuelle Notiz“ als Grundlage für die Zukunft.

Diese Bilder sind wie Skizzen eines Malers, die er in seinem Skizzenbuch anfertigt, um Ideen auszuprobieren. Sie sind Teil des Prozesses, aber noch nicht das fertige Werk, das in einer Galerie hängt.

Denn die reine Ebene des Bildaufbaus ist in den meisten Fällen alleine noch nicht ausreichend oder gut genug, um ein wirklich herausragendes Foto zu erschaffen.

Durch das regelmäßige Üben mit dieser ästhetischen Ebene baue ich jedoch meine Fähigkeiten weiter aus. Das ist wie ein Training für die Fotografie, um besser zu werden und ein Gefühl für den perfekten Bildaufbau zu entwickeln.

Doch ich mache mir auch bewusst, dass diese Bilder meist nur eine Ebene tief sind.

Für ein wirklich gutes Streetfoto braucht es mehr – weitere Ebenen der Tiefe und des Interesses, die das Bild reicher und spannender machen.

2. Das Hauptmotiv

Ein starkes Streetfoto braucht ebenfalls ein Hauptmotiv, das die Aufmerksamkeit auf sich zieht - manchmal können es aber auch mehrere Hauptmotive sein.

Dieses Hauptmotiv ist das erste, worauf sich viele Streetfotografen konzentrieren. Es kann eine Person sein, ein Objekt oder eine Szene, die heraussticht und sofort das Interesse weckt.

Du suchst nach etwas, das es wert ist, im Bild festgehalten zu werden, etwas, das eine Geschichte erzählt oder einfach faszinierend aussieht.

Das Hauptmotiv bildet die Basis, auf der du alles Weitere aufbaust.

Einige Streetfotografen gehen gezielt auf die Jagd nach diesem einen interessanten Motiv. Sie durchstreifen die Straßen auf der Suche nach einer Person mit außergewöhnlichem Stil, einem markanten Gesichtsausdruck oder einem ungewöhnlichen Objekt, das sie in ihrem Bild festhalten wollen.

Dieses Motiv ist dann der Kern ihres Bildes, der alles andere bestimmt.

Für mich sind das vor allem oft die klischeehaften “alten Männer mit Hüten”. Irgendwie faszinieren diese mich und ich finde sie hervorragend geeignet für meine Streetfotos.

Andere Fotografen, die eher auf die Ästhetik achten, legen zuerst Wert auf die Komposition und das Licht - also die eben angesprochene “Ebene des Bildaufbaus”.

Sie gestalten das Bild so, dass es visuell ansprechend ist, und hoffen, dass sich das passende Hauptmotiv in diese vorbereitete Szene einfügt.

Aber egal, ob du das Motiv gezielt suchst oder darauf wartest, dass es in deinen sorgfältig gestalteten Bildausschnitt tritt, das Hauptmotiv allein reicht eben meist auch nicht aus.

Ein interessantes Motiv in schlechter Beleuchtung oder ohne einen starken Bildaufbau wirkt ebenfalls eher schwach und langweilig.

Deshalb ist es wichtig, mehrere Ebenen zu kombinieren: Ein faszinierendes Hauptmotiv, das in einem spannenden Licht eingefangen wird, mit harmonischen Farben und einem gut durchdachten Hintergrund.

Wenn du es schaffst, diese Elemente zu verbinden, entsteht ein Bild, das mehr ist als nur die Summe seiner Teile.

Das Hauptmotiv ist also nur der Anfang. Es gibt dem Bild eine Richtung, doch die wahre Stärke eines Streetfotos zeigt sich erst, wenn das Motiv in einem komplexen, gut komponierten Rahmen steht.

Ein interessantes Motiv allein kann ein Bild tragen, aber es sind die zusätzlichen Ebenen – das Licht, die Farben, die Komposition – die das Bild wirklich stark machen.

3. Der fotografierte Moment

Der fotografierte Moment spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle in der Streetfotografie. Er fügt dem Bild eine zusätzliche Ebene hinzu, die das Bild noch kraftvoller macht.

Wenn du durch die Straßen gehst und ein interessantes Motiv findest, dann drückt man in der Regel sofort auf den Auslöser - man kann ja nicht wissen ob das Motiv gleich noch da ist.

Um aber wirklich gute Streetfotos aufzunehmen, frage dich: Passiert gerade etwas Interessantes? Gibt es eine Aktion oder einen Augenblick, der es wert ist, festgehalten zu werden?

Ein gutes Beispiel dafür ist, wenn du jemanden siehst, der einfach nur auf sein Handy schaut. Die Person selbst ist vielleicht ein spannendes Motiv, aber der Moment selbst ist nicht unbedingt spannend genug, um das Bild wirklich ausdrucksstark zu machen.

Doch was, wenn du einen Moment wartest? Vielleicht passiert etwas Unerwartetes – ein Windstoß hebt den Hut der Person ab, es findet eine Interaktion mit anderen Menschen statt oder es fängt plötzlich an zu regnen und die Person reagiert auf die neue Situation.

Plötzlich hast du nicht nur ein interessantes Motiv, sondern auch einen Moment, der die Szene lebendig und spannend macht - es passiert etwas.

Dieser Moment, in dem etwas passiert, verleiht dem Bild Tiefe. Es geht darum, den richtigen Augenblick zu erfassen, der das Bild besonders macht.

Ein befreundeter Streetfotograf hat mir den „Schulterklopfen-Test“ erklärt: Wenn du einen Moment erlebst, bei dem du deinen Freund anstupsen würdest, um ihn darauf aufmerksam zu machen, dann ist es wahrscheinlich ein Moment, der es wert ist, fotografiert zu werden.

Wenn der Moment jedoch nicht stark genug ist, um deine Aufmerksamkeit auf diese Weise zu fesseln, ist er wahrscheinlich auch nicht stark genug für ein wirklich gutes Streetfoto.

Das heißt nicht, dass du deshalb kein Foto machen sollst. Es geht hier eher darum den Unterschied herauszuarbeiten, wie du ein gutes Foto zu einem herausragenden machen kannst.

Indem du auf diese Moment-Ebene achtest, wird dein Bild noch interessanter.

Du kannst damit beginnen, eine schöne Komposition mit gutem Licht und einem spannenden Motiv zu erstellen – das sind die ersten beiden Ebenen.

Aber erst der besondere Moment, den du einfängst, macht das Bild wirklich stark. Diese drei Ebenen zusammen – Komposition, Motiv und Moment – bilden die Grundlage für ein herausragendes Streetfoto.

Es ist diese Kombination, die das Bild zu etwas Besonderem macht und es in die Kategorie der wirklich gelungenen Aufnahmen hebt.

Wichtig ist dabei: Erwarte nicht, dass du auf jeder Fotorunde alle 3 Elemente miteinander verbinden kannst. Sei eher froh, wenn du ein paar solcher Fotos im Jahr machen kannst. Denn das möglichst viele Dinge zusammen kommen passiert sehr selten.

4. Das besondere “Etwas”

Manchmal gibt es bei Streetfotografie aber auch etwas, das sich nur schwer beschreiben lässt. Es geht um das besondere "Etwas" in einem Foto, das die Betrachter immer wieder hinsehen lässt.

Vielleicht hast du das auch schon erlebt: Du siehst ein Bild, und obwohl die technischen Details stimmen, gibt es noch etwas darüber hinaus, das das Bild einzigartig macht.

Genau das ist das besondere "Etwas", das aus einem guten Foto ein großartiges macht.

Technik ist wichtig, keine Frage. Wenn du ein Bild machst, sollten Licht, Komposition und die Wahl des Motivs stimmen. Doch selbst wenn all das passt, fehlt manchmal noch etwas, damit das Foto wirklich heraussticht.

Ein Bild kann perfekt beleuchtet sein und eine tolle Komposition haben, aber trotzdem bleibt es irgendwie „nur“ gut. Es fehlt dieser Hauch von Magie, den man nicht planen kann, aber der manchmal einfach da ist.

Dieses besondere "Etwas" entsteht meist durch einen Moment, der sich nicht wiederholen lässt.

Zum Beispiel, wenn ein kleines Mädchen auf einem Fahrrad sitzt, aber ganz stolz “wie Mama” Fahrrad fahren will. Solche Momente haben etwas Einzigartiges, das wir nicht kontrollieren können.

Sie entstehen einfach, wenn die richtigen Elemente zusammenkommen. Es geht um das Einfangen dieses einen unvergesslichen Augenblicks, der das Bild über das Technische hinaushebt.

Ein gutes Beispiel dafür ist ein Foto von James Parsons, das er auf seinem Youtube Kanal geteilt hat. Hier zieht eine Frau einen Mann an der Handtasche hinter sich her.

Foto von James Parsons

Aber wie ist es zu dieser Situation gekommen? Was steckt dahinter? Was ist als nächstes passiert? Diese Art von Bild hat das besondere "Etwas", das man nicht erklären kann, aber man fühlt es sofort. Es macht neugierig und man will mehr über das Foto erfahren.

Es ist völlig normal, dass nicht jedes Foto dieses besondere "Etwas" haben wird. Das ist okay.

Selbst die größten und weltbesten Fotografen schaffen es nur wenige Male in ihrem Leben, ein solches Bild zu machen.

Es braucht viel Übung, Geduld und die Bereitschaft, sich auf das Unerwartete einzulassen. Denn manchmal ist es genau dieser unvorhersehbare Moment, der das Foto unvergesslich macht.

Es ist nicht immer einfach, dieses besondere "Etwas" in einem Bild zu finden, aber das macht die Streetfotografie auch so faszinierend.

Du weißt nie, wann du auf dieses eine Bild stoßen wirst, das alle Elemente perfekt miteinander verbindet und eine Geschichte erzählt, die weit über das hinausgeht, was die Kamera eingefangen hat.

Verbinde diese Ebenen miteinander - so oft wie möglich

Je mehr dieser Ebenen du miteinander verbinden kannst, desto besser wird dein Streetfoto sein.

Es ist aber völlig normal, dass die meisten deiner Fotos eher aus einer, manchmal zwei dieser Ebenen bestehen.

Es wäre unrealistisch zu erwarten, dass du auf jeder einzelnen deiner Fotorunden mindestens 5 herausragende Fotos machst, die alle Ebenen miteinander verbinden.

Selbst 3 Ebenen in einem Foto sind sehr selten und passieren eher einige wenige Male im Jahr.

Lass dich also nicht demotivieren, wenn es nicht auf anhieb klappt. Dieses Konzept der Ebenen soll dir eher als Grundlage dienen, zu verstehen, was zu einem wirklich herausragenden Straßenfoto führt.

So ist es einfacher, die einzelnen Aspekte auf deinen Fotorunden zu üben und irgendwann automatisch auf die richtigen Dinge zu achten, damit man irgendwann an den Punkt kommt, ein Foto mit 3 oder 4 Ebenen aufzunehmen - und auf das wird man dann noch Jahre voller Stolz zurück schauen!


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